BELMONTE
Hier, Constanze, sollt' ich dich wieder finden? Dies wäre der Ort, der mein Mädchen, mein Alles verbärge? O dass es Wahrheit wäre, dass mich kein süßer Traum täuschte! Ah, Liebe, Liebe! Du gabst mir der Leiden so viel; wie Morgenträume schwanden deine Freuden dahin. O, gib mir sie zurück, das Mädchen meiner Seele! gib mir sie zurück! Traurig und angstvoll hängt über mir die Zukunft, bis ich sie wieder habe, sie wieder an mein Herz drücke! Aber wie soll ich hinein kommen in den Palast? Wie sie sehen? wie sprechen?

OSMIN
Wer ein Liebchen hat gefunden,
Die es treu und redlich meint,
Lohn' es ihr durch tausend Küsse,
Mach ihr all das Leben süße,
Sei ihr Tröster, sei ihr Freund.
Trallalera, trallalera!

BELMONTE
Vielleicht dass ich durch diesen Alten etwas erfahre. – He, Freund! Ist das nicht das Landhaus des Bassa Selim?

OSMIN
Doch sie treu sich zu erhalten,
Schließ' er Liebchen sorglich ein.
Denn die losen Dinger haschen
Jeden Schmetterling, und naschen
Gar zu gern vom fremden Wein.
Trallalera, trallalera!

BELMONTE
He, Alter, he! hört Ihr nicht? – Ist hier des Bassa Selim Palast?

OSMIN
Sonderlich beim Mondenscheine
Freunde, nehmt sie wohl in Acht!
Oft lauscht da ein junges Herrchen,
Kirrt und lockt das kleine Närrchen,
Und dann Treue, gute Nacht!
Trallalera, trallalera!

BELMONTE
Verwünscht seist du und dein Lied!

BELMONTE
Nur ein Wort, Alter, nur ein Wort!

OSMIN
Was gibt’s?

BELMONTE
Gehört dieses Landhaus dem Bassa Selim?

OSMIN
Ja, 's gehört ihm. Will immer ins Haus.

BELMONTE
Seid Ihr in seinen Diensten?

OSMIN
Getroffen!

BELMONTE
Ist nicht ein Aufseher über die Gärten hier, der Pedrillo heißt?

OSMIN
Ja, 's ist so ein Schurke da.

BELMONTE
Kann ich ihn sprechen?

OSMIN
Das ist Eure Sorge.

BELMONTE
Ei so wartet doch einen Augenblick, und lasst mit Euch reden.

OSMIN
's beliebt mir nicht. Ihr habt just so eine schurkische ausländische Miene, wie jener Galgendieb, und seht einem Spion so ähnlich, wie ein Ei dem andern. Geht zum Henker!

BELMONTE
Hab' ich je so einen alten griesgrämigen Schurken gesehen? Laut. Aber ich hab' Geschäfte beim
Pedrillo, und muss ihn notwendig sprechen.

OSMIN
Geschäfte? Ja, Spitzbüberei zu treiben, und mit ihm halb Part zu machen. Trollt Euch, trollt Euch!

BELMONTE
Der Henker hole den Isegrim! – Laut. Ich verlange: Eure Dienste nicht umsonst, Alter! –

OSMIN
Und ich Eure Geschenke nicht.

BELMONTE
Seht einmal diesen blanken Dukaten! sollt ihn haben.

OSMIN
Und Ihr fünfzig tüchtige Prügel auf die Fußsohlen.

BELMONTE
Das ist ein Vieh von einem Kerl! Laut. Aber wer Seid Ihr denn, dass Ihr so mit mir sprecht?

OSMIN
Hab' ich Euch gefragt?

BELMONTE
Das ist zum rasend werden!

OSMIN
Und wenn Ihr noch viel Murmelus und Federlesens macht, so lass' ich Euch eine Bastonade auftischen, die Ihr so bald nicht verdauen sollt. – Immer marsch von der Türe weg! Geht zum Teufel, wo Ihr hergekommen Seid! Hier setzt's nichts zu gaunern!
Er treibt ihn zurück.

BELMONTE
Ah, Geduld, armes Herz! O Constanze!

OSMIN
Könnt' ich mir doch noch so einen Schurken auf die Nase setzen, wie den Pedrillo; so einen Gaudieb, der Tag und Nacht nichts tut, als nach meinen Weibern herum zu schleichen, und zu schnobern, ob's nichts für seinen Schnabel setzt: aber ich lauere ihm sicher auf den Dienst, und wohl bekomm dir die Prügelsuppe, wenn ich dich einmal beim Kanthaken kriege! – Hätt' er sich nur beim Bassa nicht so eingeschmeichelt, er sollte den Strick längst um Hals haben.


PEDRILLO
Nun wie steht’s, Osmin? Ist der Bassa noch nicht zurück?

OSMIN
Sieh darnach, wenn du's wissen willst.

PEDRILLO
Schon wieder Sturm im Kalender? – Hast du das Gericht Feigen für mich gepflückt?

OSMIN
Gift für dich, verwünschter Schmarotzer!

PEDRILLO
Was in aller Welt ich dir nun getan haben muss, dass du beständig mit mir zankst. Lass uns doch einmal Friede machen.

OSMIN
Friede mit dir? Pass auf, der nur spioniert, wie er mir eins versetzen kann? Erdrosseln möcht' ich dich!

PEDRILLO
Aber sag nur, warum? warum?

OSMIN
Warum? – Weil ich dich nicht leiden kann, weil du dem Galgen entlaufen bist, und weil ich nicht ruhen kann, als bis ich dich Verräter aus der Welt geschickt habe!

PEDRILLO
Geh nur, alter verwünschter Aufpasser; es ist noch nicht aller Tage Abend. Wer weiß, wer den Andern überlistet; und dir misstrauischem gehässigen Menschenfeinde eine Grube zu graben, sollte ein wahres Fest für mich sehn!

BELMONTE
Pedrillo, guter Pedrillo!

PEDRILLO
Ach mein bester Herr! Ist’s möglich? Sind Sie's wirklich? Bravo, Madam Fortuna, bravo! das heißt doch Wort gehalten! Schon verzweifelte ich, ob einer meiner Briefe Sie getroffen hätte.

BELMONTE
Sag, guter Pedrillo, lebt meine Konstanze noch?

PEDRILLO
Lebt, und noch hoff' ich für Sie. Seit dem schrecklichen Tage, an welchem das Glück uns einen so hässlichen Streich spielte, und unser Schiff von den Seeräubern erobern ließ, haben wir mancherlei Drangsal erfahren. Glücklicher Weise traf sich’s noch, dass der Bassa Selim uns alle drei kaufte: Ihre Konstanze  nämlich, meine Blonde, und mich. Er ließ uns sogleich hier auf sein Landhaus bringen. Donna Konstanze  ward seine auserwählte Geliebte.

BELMONTE
Ah! was sagst du?

PEDRILLO
Na, nur nicht so hitzig! Sie ist noch nicht in die schlimmsten Hände gefallen. Der Bassa ist ein Renegat, und hat noch so viel Delikatesse,
keine seiner Weiber zu seiner Liebe zu zwingen; und so viel ich weis, spielt er noch immer den unerhörten Liebhaber.

BELMONTE
Wär es möglich? Wär Konstanze  noch treu?

PEDRILLO
Sicher noch, lieber Herr! Aber wie's mit meinem Blondchen steht, weis der Himmel! Das arme Ding schmachtet bei einem alten hässlichen Kerl, dem sie der Bassa geschenkt hat; und vielleicht – ach ich darf gar nicht dran denken!

BELMONTE
Doch nicht der alte Kerl, der so eben ins Haus ging?

PEDRILLO
Eben der.

BELMONTE
Und dies ist der Liebling des Bassa?

PEDRILLO
Liebling, Spion, und Ausbund aller Spitzbuben, der mich mit den Augen vergiften möchte, wenn’s möglich wäre.

BELMONTE
O guter Pedrillo! was sagst du?

PEDRILLO
Nur nicht gleich verzagt! Unter uns gesagt: ich hab' auch einen Stein im Brett beim Bassa. Durch mein bisschen Geschick in der Gärtnerei hab' ich seine Gunst weggekriegt, und dadurch hab' ich so ziemliche Freiheit, die tausend Andere nicht haben würden. Da sonst jede Mannsperson sich entfernen muss, wenn eine seiner Weiber in Garten kommt, kann ich bleiben; sie reden so gar mit mir, und er sagt nichts darüber. Freilich mault der alte Osmin, besonders wenn mein Blondchen ihrer Gebieterin folgen muss.

BELMONTE
Ist’s möglich? Du hast sie gesprochen? – O sag, sag! Liebt sie nicht noch?

PEDRILLO
 Hm! dass Sie daran zweifeln! Ich dächte, Sie kennten die gute Konstanze mehr als zu gut; hätten Proben genug ihrer Liebe. – Doch damit dürfen wir uns gar nicht aufhalten. Hier ist bloß die Frage, wie's anzufangen ist, hier weg zu kommen?

BELMONTEO
da hab' ich für alles gesorgt! Ich hab' hier ein Schiff in einiger Entfernung vom Hafen, das uns auf den ersten Wink einnimmt, und –

PEDRILLO
Ah, sachte, sachte! Erst müssen wir die Mädels haben, ehe wir zu Schiffe gehen; und das geht nicht so husch, husch! wie Sie meinen.

BELMONTE
O lieber guter Pedrillo, mach nur, dass ich sie sehen, dass ich sie sprechen kann! Das Herz schlägt mir vor Angst, vor Freude! –

PEDRILLO
Pfiffig müssen wir das Ding anfangen, und rasch müssen wir's ausführen, damit wir den alten Aufpasser übertölpeln. Bleiben Sie hier in der Nähe. Jetzt wird der Bassa bald von einer Lustfahrt auf dem Wasser zurück kommen. Ich will Sie ihm als einen geschickten Baumeister vorstellen: denn Bauen und Gärtnerei sind seine Steckenpferde. Aber lieber, goldner Herr, halten Sie sich in Schranken; Konstanze  ist bei ihm –

BELMONTE
Konstanze  bei ihm? Was sagst du? Ich soll sie sehen?

PEDRILLO
Gemach, gemach um Himmels willen, lieber Herr! sonst stolpern wir – Ah ich glaube, dort seh' ich sie schon angefahren kommen. Gehen Sie nur auf die Seite, wenn er kommt; ich will ihm entgegen gehen.

BELMONTE
Konstanze! Dich wieder zu sehen – –

O wie ängstlich, o wie feurig
Klopft mein liebevolles Herz!
Und des Wiedersehens Zähre
Lohnt der Trennung bangen Schmerz.
Schon zitt’r ich und wanke,
Schon zag' ich und schwanke,
Es hebt sich die schwellende Brust:
Ist das ihr Lispeln?
Es wird mir so bange;
War das ihr Seufzen?
Es glüht mir die Wange;
Täuscht mich die Liebe, war es ein Traum?

PEDRILLO
Geschwind, geschwind auf die Seite und versteckt! Der Bassa kommt.

CHOR.
Singt dem großen Bassa Lieder,
Töne, feuriger Gesang;
Und vom Ufer halle wieder
Unsrer Lieder Jubelklang!

EINE ODER ZWO STIMMEN.
1) Weht ihm entgegen,
Kühlende Winde,
Ebne dich sanfter,
Wallende Flut!

2) Singt ihm entgegen,
Fliegende Chöre,
Singt ihm der Liebe
Freuden ins Herz!

CHOR.
Singt dem großen Bassa Lieder,
Töne feuriger Gesang;
Und vom Ufer halle wieder,
Unsrer Lieder Jubelklang.

SELIM
Immer noch traurig, geliebte Konstanze? immer in Tränen? – Sieh, dieser schöne  Abend, diese reizende Gegend, diese bezaubernde Musik, meine zärtliche Liebe für dich – Sag', kann nichts von allem dich endlich beruhigen, endlich dein Herz rühren? – Sieh, ich könnte befehlen, könnte grausam mit dir verfahren, dich zwingen –

SELIM
Aber nein, Konstanze, dir selbst will ich dein Herz zu danken haben – dir selbst –

KONSTANZE
Großmütiger Mann! o dass ich es könnte! dass ich’s erwidern könnte – aber –

SELIM
Sag, Konstanze, sag, was hält dich zurück?

KONSTANZE
Du wirst mich hassen.

SELIM
Nein, ich schwöre dir's. Du weißt, wie sehr ich dich liebe, wie viel Freiheit ich dir vor allen meinen Weibern gestatte; dich wie meine Einzige schätze

KONSTANZE
O so verzeih!

Ach, ich liebte,
War so glücklich,
Kannte nicht der Liebe Schmerz!
Schwur ihm Treue
Dem Geliebten,
Gab dahin mein ganzes Herz:
Doch im Hui schwand meine Freude,
Trennung war mein banges Loos;
Und nun schwimmt mein Aug' in Tränen,
Kummer ruht in meinem Schoos.
Während des Gesanges geht der Bassa unwillig hin und her.

KONSTANZE
Ach, ich sagt' es wohl, du würdest mich hassen. Aber verzeih, verzeih dem liebekranken Mädchen! – du bist ja so großmütig, so gut – Ich will dir dienen, deine Sklavin sein, bis ans Ende meines Lebens: nur verlange nicht ein Herz von mir, das auf ewig versagt ist. –

SELIM
Ha, Undankbare! Was wagst du zu bitten?

KONSTANZE
Töte mich, Selim, töte mich! nur zwinge mich nicht, meineidig zu werden. – Noch zuletzt, wie mich der Seeräuber aus den Armen meines Geliebten riss, schwur ich aufs feierlichste –

SELIM
Halt ein! nicht ein Wort! Reize meinen Zorn nicht noch mehr. Bedenke, dass du in meiner Gewalt bist

KONSTANZE
Ich bin es: aber du wirst dich ihrer nicht bedienen, ich kenne dein gutes, dein mitleidvolles Herz. Hätte ich’s sonst wagen können, dir das meinige zu entdecken? –

SELIM
Wag' es nicht, meine Güte zu missbrauchen

KONSTANZE
Nur Aufschub gönne mir, Herr! Nur Zeit, meinen Schmerz zu vergessen –

SELIM
Wie oft schon gewährt' ich dir diese Bitte –

KONSTANZE
Nur noch dis Mal!

SELIM
Es sei! zum letzten Male! – Geh, Konstanze, geh! Besinne dich eines Bessern, und Morgen –

KONSTANZE  
Unglückliches Mädchen! O Belmonte, Belmonte!

SELIM
Ihr! Schmerz, ihre Tränen, ihre Standhaftigkeit bezaubern mein Herz immer mehr, machen mir ihre Liebe nur noch wünschenswerter. Ha! wer wollte gegen ein solches Herz Gewalt brauchen? – Nein,

KONSTANZE
nein, auch Selim hat ein Herz; auch Selim kennt Liebe –

PEDRILLO
Herr! verzeih, dass ich es wage, dich in deinen Betrachtungen zu stören –

SELIM
Was willst du, Pedrillo?

PEDRILLO
Dieser junge Mann, der sich in Italien mit vielem Fleiß auf die Baukunst gelegt, hat von deiner Macht, von deinem Reichtum gehört, und kommt her, dir als Baumeister seine Dienste anzubieten.

BELMONTE
Herr! könnte ich so glücklich sein, durch meine geringen Fähigkeiten deinen Beifall zu verdienen.

SELIM
Hm! Du gefällst mir. Lass sehen, was du kannst. – Sorge für seinen Unterhalt. Morgen werde ich dich wieder rufen lassen.

PEDRILLO
Ha! Triumph, Triumph, Herr! der erste Schritt war getan.

BELMONTE
Ach Lass mich zu mir selbst kommen! – Ich hab sie gesehen, hab das gute treue beste Mädchen gesehen! – O KONSTANZE , KONSTANZE ! Was könnt' ich für dich tun, was für dich wagen?

PEDRILLO
Ha! Gemach, gemach, bester Herr! Stimmen Sie den Ton ein Bisschen herab; Verstellung wird uns weit bessere Dienste leisten. Wir sind nicht in unserm Vaterlande. Hier fragen sie den Henker darnach, ob's einen Kopf mehr oder weniger in der Welt gibt. Bastonade und Strick um Hals sind hier wie ein Morgenbrot.

BELMONTE
Ach, Pedrillo! wenn du die Liebt kenntest –

PEDRILLO
Hm! Als wenn’s mit unser einem gar nichts wäre. Ich habe so gut meine zärtlichen Stunden als andere Leute. Und denken Sie denn, dass mir's nicht auch im Bauche grimmt, wenn ich mein Blondchen von so einem alten Spitzbuben, wie der Osmin ist, bewacht sehen muss?

BELMONTEO
wenn es möglich wäre, sie zu sprechen –

PEDRILLO
Wir wollen sehen, was zu tun ist. Kommen Sie nur mit mir in Garten: aber um alles in der Welt, vorsichtig und fein. Denn hier ist alles Aug und Ohr.

OSMIN
Wohin?

PEDRILLO
Hinein!

OSMIN zu BELMONTE
Was will das Gesicht? – Zurück mit dir, zurück!

PEDRILLO
Ha, gemach Meister Grobian, gemach! Er ist in des Bassa Diensten.

OSMIN
In des Henkers Diensten mag er sein! Er soll nicht herein!

PEDRILLO
Er soll aber hinein!
OSMIN
Kommt mir nur einen Schritt über die Schwelle –

BELMONTE
Unverschämter! Hast du nicht mehr Achtung für einen Mann meines Standes?

OSMIN
Ei, Ihr mögt mir vom Stande sein! – Fort, fort, oder ich will euch Beine machen.

PEDRILLO
Alter Dummkopf! Es ist ja der Baumeister, den der Bassa angenommen hat.

OSMIN
Meinethalben sei er Stockmeister: nur komm er mir hier nicht zu nahe. Ich müsste nicht sehen, dass es so ein Kumpan deines Gelichters ist, und dass das so eine ab geredete Karte ist, uns zu überlisten. Der Bassa ist weich wie Butter, mit dem könnt ihr machen, was ihr wollt: aber ich habe eine feinere Nase. Gaunerei Ist’s um den ganzen Kram, mit euch fremden Gesindel; und ihr ab gefeimten Betrüger habt lange eure Plänchen angelegt, eure Pfiffe auszuführen: aber wart ein Bisschen! Osmin schläft nicht. Wär ich Bassa, ihr wärt längst gespießt. – Ja! schneidet nur Gesichter, lacht nur höhnisch in Bart hinein!

PEDRILLO
Ereifre dich nicht so, Alter; es hilft dir doch nichts. Sieh, so eben werden wir hinein spazieren.

OSMIN
Ha! das will ich sehen! Stellt sich vor die Türe.

PEDRILLO
Mach keine Umstände. –

BELMONTE
Weg, Niederträchtiger!

Terzet:

OSMIN
Marsch! Marsch! Marsch! trollt euch fort!
Sonst soll die Bastonade
Euch gleich zu Diensten steh’n.

BELMONTE UND PEDRILLO
Ei, ei! Das wär ja Schade,
So mit uns umzugehn.

OSMIN
Kommt mir nicht näher.

BELMONTE UND PEDRILLO
Weg von der Türe.

OSMIN
Sonst schlag' ich drein.

BELMONTE UND PEDRILLO
Wir geh’n hinein.

OSMIN
Marsch, fort!

BELMONTE UND PEDRILLO
Platz dort!

OSMIN
Ich schlage drein!

BELMONTE UND PEDRILLO
Wir gehn hinein!

2. Akt
BLONDE
O des Zankens, Befehlens und Murrens wird auch kein Ende! Einmal für allemal: das steht mir nicht an! Denkst du alter Murrkopf etwa eine türkische Sklavin vor dir zu haben, die bei deinen Befehlen zittert? o da irrst du dich sehr! Mit europäischen Mädchen springt man nicht so herum; denen begegnet man ganz anders.

Durch Zärtlichkeit und Schmeicheln,
Gefälligkeit und Scherzen,
Erobert man die Herzen
Der guten Mädchen leicht:
Doch mürrisches Befehlen
Und Poltern, Zanken, Plagen
Macht, dass in wenig Tagen
So Lieb' als Treu entweicht.

OSMIN
Ei seht doch mal, was das Mädchen vorschreiben kann! Zärtlichkeit! Schmeicheln! – Es ist mir wie pure Zärtlichkeit! – Wer Teufel hat dir das Zeug im Kopf gesetzt? – Hier sind wir in der Türkei, und da geht’s aus einem andern Tone. Ich dein Herr; du meine Sklavin; ich befehle, du musst gehorchen!

BLONDE
Deine Sklavin? ich deine Sklavin? – Ha! ein Mädchen eine Sklavin! Noch einmal sag mir das, noch einmal!

OSMIN für sich.
Ich möchte toll werden, was das Madchen für ein starrköpfiges Ding ist. Laut. Du hast doch wohl nicht vergessen, dass dich der Bassa mir zur Sklavin geschenkt hat?

BLONDE
Bassa hin, Bassa her! Mädchen sind keine Ware zum Verschenken! Ich bin eine Engländerin, zur Freiheit geboren; und trotz jedem, der mich zu etwas zwingen will!

OSMIN bei Seite.
Gift und Dolch über das Mädchen! – Beim Mohamed! sie macht mich rasend. – Und doch lieb' ich die Spitzbübin, trotz ihres tollen Kopfs! – Laut. Ich befehle dir augenblicklich, mich zu lieben.

BLONDE
Hahaha! Komm mir nur ein wenig näher, ich will dir fühlbare Beweise davon geben.

OSMIN
Tolles Ding! Weißt du, dass du mein bist, und ich dich dafür züchtigen kann?

BLONDE
Wag's nicht, mich anzurühren, wenn dir deine Augen lieb sind.

OSMIN
Wie? du unterstehst dich –

BLONDE Da ist was zu unterstehen! Du bist der Unverschämte, der sich zu viel Freiheit herausnimmt. So ein altes hässliches Gesicht untersteht sich, einem Mädchen wie ich, jung, schön, zur Freude geboren, wie einer Magd zu befehlen! Wahrhaftig, das stünde mir an! Uns! uns gehört das Regiment; ihr Seid unsre Sklaven, und glücklich, wenn ihr Verstand genug habt, euch die Ketten zu erleichtern.

OSMIN
Bei meinem Bart, sie ist toll! Hier, hier in der Türkei?
BLONDE
Türkei hin, Türkei her! Weib ist Weib, sie sei wo sie wolle! Sind eure Weiber solche Rörrinnen, sich von euch unterjochen zu lassen, desto schlimmer für sie; in Europa verstehen sie das Ding besser. Lass mich nur einmal Fuß hier gefasst haben, sie sollen bald anders werden.

OSMIN
Beim Allah, die wär' im Stande, uns allen die Weiber rebellisch zu machen – Aber –

BLONDE
Aufs Bitten müsst ihr euch legen, wenn ihr etwas von uns erhalten wollt; besonders Liebhaber deines Gelichters. –

OSMIN
Freilich, wenn ich Pedrillo wär', so eine runde Figur wie er machte, da wär' ich vermutlich willkommen: denn euer Mienenspiel hab' ich lange weg.

BLONDE
Erraten, guter Alter, erraten! Das kannst du dir wohl einbilden, dass mir der hübsche fette Pedrillo lieber ist, wie dein ausgehungertes Gesicht. Also, wenn du klug wärst –

OSMIN
Sollt' ich dir Freiheit geben, zu tun und zu machen, was du wolltest? He?

BLONDE
Besser würdest du immer dabei fahren: denn so wirst du sicher betrogen!

OSMIN
Gift und Dolch! Nun reißt mir die Geduld! Den Augenblick hinein ins Haus! Und wo du's wagst –

BLONDE
Mach' mich nicht zu lachen.

OSMIN
Ins Haus, sag ich!

BLONDE Nicht von der Stelle!

OSMIN
Mach' nicht, dass ich Gewalt brauche –

BLONDE
Gewalt werd' ich mit Gewalt vertreiben. Meine Gebieterin hat mich hier im Garten bestellt; sie ist die Geliebte des Bassa, sein Augapfel, sein Alles; und es kostet mir ein Wort, so hast du fünfzig auf die Fußsohlen. Also geh –

OSMIN für sich.
Der Henker hole die Engländerinnen! Jetzt muss ich schon tanzen, wie sie pfeift: aber alle Tritt' und Schritte will ich beobachten. Laut. Ich gehe: aber wo du eine Miene machst, den Pedrillo zu sprechen

BLONDE
Fort, fort, fort! da kommt Konstanze .

Osmin geht unwillig ab.

BLONDE
Wie traurig das gute Mädchen daher kommt! Freilich tut’s weh, den Geliebten zu verlieren und Sklavin zu sein. Es geht mir wohl auch nicht viel besser; aber ich habe doch noch das Vergnügen, meinen Pedrillo manchmal zu sehen, ob’s gleich auch mager und verstohlen genug geschehen muss: doch wer kann wider den Strom schwimmen? –

KONSTANZE tritt ohne Blonden zu bemerken auf:
Traurigkeit ward mir zum Lose,
Weil ich dir entrissen bin.
Gleich der wurmzernagten Rose,
Gleich dem Gras im Wintermoose,
Welkt mein banges Leben hin.
Selbst der Luft darf ich nicht sagen
Meiner Seele bittern Schmerz:
Denn unwillig ihn zu tragen,
Haucht sie alle meine Klagen
Wieder in mein armes Herz.

BLONDE
Ach mein bestes Fräulein! noch immer so traurig?

KONSTANZE
Kannst du fragen, da du meinen Kummer weißt? – Wieder ein Abend, und noch keine Nachricht, noch keine Hoffnung! – Und morgen – ach Gott! ich darf nicht daran denken.

BLONDE
Heitern Sie sich wenigstens ein Bisschen auf. Sehn Sie, wie schön der Abend ist, wie blühend uns alles entgegen lacht, wie freudig uns die Vögel zu ihrem Gesang einladen! Verbannen Sie die Grillen, und fassen Sie Mut! Kommen Sie, lassen Sie uns unsern Rundgesang anstimmen; vielleicht ist die Hülfe nicht mehr weit.

KONSTANZE
Wie glücklich bist du Mädchen, bei deinem Schicksal so gelassen zu sein! O dass ich es auch könnte!

BLONDE
Hoffen wir es wenigstens! Aber bestes Fräulein, das Rondo! Sie wissen ja, mit welchem Zauber die Musik aufs Herz wirkt; und es ist ja Ihr Lieblingsstück, so schmelzend, so zärtlich! O ich fange an!

KONSTANZE  UND BLONDE
Hoffnung, Trösterin im Leiden!
Du versüßest allen Schmerz;
Lächelst uns nach langem Scheiden
Freuden ins gebeugte Herz.

KONSTANZE
Oft im öden Hain verlassen,
Schreckt uns Finsternis und Grab,
Und der Wangen Rosen blassen
Von des Kummers Zähren ab.

BLONDE.
Doch wie schwinden alle Sorgen,
Jede Träne wird verscheucht,
Wenn sich der gewünschte Morgen,
Nur in ferner Dämm’rung zeigt.
KONSTANZE  UND BLONDE zugleich.
Hoffnung, Trösterin im Leiden!
Du versüßest allen Schmerz;
Lächelst uns nach langem Scheiden
Freuden ins gebeugte Herz.

KONSTANZE .
Wenn von Sturm und Nacht umgeben
Sinkend sich der Nachen beugt,
Angst und Zagen uns umschweben
Und der grimme Tod sich zeigt:

BLONDE.
Schleudert uns, im Todesschlummer,
Eine Well' auf weiches Moos;
Und wir ruhen frei vom Kummer,
Süße Hoffnung, dir im Schoß.

KONSTANZE  UND BLONDE
Hoffnung, Trösterin im Leiden!
Du versüßest allen Schmerz;
Lächelst uns nach langem Scheiden
Freuden ins gebeugte Herz.

BLONDE
Nicht wahr, es ist Ihnen nicht mehr so eng ums Herz? – Ach! dort seh’ ich den Bassa; vermutlich hat er Ihnen was zu sagen.

KONSTANZE
Den Bassa? – Ach ich muss seinen Anblick vermeiden! – Einsame Schatten! Seid ihr meine Tröster!
Geht ab.

BLONDE
Die gute Donna! sie dauert mich herzlich! – Aber ist das nicht Pedrillo, der mir so geheimnisvoll winkt? – Was muss der mir zu sagen haben?

PEDRILLO
Bst, bst! Blondchen, Blondchen! Ist der Weg rein?

BLONDE
Komm nur, komm! Der Bassa ist wieder zurück. Ich habe eben meinem Alten den Kopf ein bisschen gewaschen. Was hast du denn?

PEDRILLO
O Neuigkeiten, Neuigkeiten, die dich entzücken werden.

BLONDE
Nun? hurtig heraus damit!

PEDRILLO
Erst, liebes Herzensblondchen, Lass dir vor allen Dingen einen recht herzlichen Kuss geben: du weißt ja, wie gestohlnes Gut schmeckt.

BLONDE
Pfui, pfui! Wenn das deine Neuigkeiten alle sind!

PEDRILLO
Narrchen, mach darum keinen Lärm: der alte spitzbübische Osmin lauert uns sicher auf den Dienst.

BLONDE
Nun? und die Neuigkeiten?

PEDRILLO
Sind, dass das Ende unsrer Sklaverei vor der Türe ist. – Er sieht sich sorgfältig um. Belmonte,  Konstanz’ns Geliebter, ist angekommen; und ich hab' ihn unter dem Namen eines Baumeisters hier im Palast eingeführt.

BLONDE
Ah was sagst du? Belmonte da?

PEDRILLO
Mit Leib und Seele!

BLONDE
 Ha! das muss Konstanze wissen! Will fort.

PEDRILLO
Hör nur Blondchen, hör nur erst: Er hat ein Schiff hier in der Nähe in Bereitschaft, und wir haben beschlossen, euch diese Nacht zu entführen.

BLONDE
O aller liebst, aller liebst! Herzens-Pedrillo! Das verdient einen Kuss. Geschwind, geschwind zu Konstanze! Will wieder fort.

PEDRILLO
Halt nur halt, und Lass erst mit dir reden. Um Mitternacht kommt Belmonte mit einer Leiter zu Konstanz’ns Fenster, und ich zu dem deinigen; und dann geht’s Heidi davon!

BLONDE
O vortrefflich! Aber Osmin?

PEDRILLO
Hier ist ein Schlaftrunk für den alten Schlaukopf, den misch ihm fein manierlich ins Getränke; verstehst du? Ich habe dort auch schon ein Fläschchen angefüllt. Geht's hier nicht, wird's dort wohl gehen.

BLONDE
Sorg' nicht für mich! – Aber kann Konstanze ihren Geliebten nicht sprechen?

PEDRILLO
Sobald es vollends finster ist, kommt er hier in Garten. Nun geh' und bereite Konstanze vor; ich will hier Belmonten erwarten. Leb wohl, Herzchen; leb wohl!

BLONDE
Leb wohl, guter Pedrillo! Ach, was werd ich für Freude anrichten!
Blonde ab.

PEDRILLO
Ah, dass es schon vorbei wäre! dass wir schon auf offner See wären, unsre Mädels im Arm, und dies verwünschte Land im Rucken hätten! Doch sei's gewagt; entweder itzt oder niemals. Wer zagt, verliert!

Frisch zum Kampfe!
Frisch zum Streite!
Nur ein feiger Tropf verzagt.
Sollt' ich zittern?
Sollt' ich zagen?
Nicht mein Leben
Mutig wagen?
Nein, ach nein, es sei gewagt!
Frisch zum Kampfe!
Frisch zum Streite!
Nur ein feiger Tropf verzagt.

OSMIN
Ha! Geht's hier so lustig zu? Es muss dir verteufelt wohl gehen.

PEDRILLO
Ei, wer wird so ein Kopfhänger sein; es kommt beim Henker da nichts bei heraus: das haben die Pedrillos von jeher in ihrer Familie gehabt. Fröhlichkeit und Wein versü?t die härteste Sklaverei. Freilich könnt ihr armen Schlucker das nicht begreifen, dass es so ein herrlich Ding um ein Gläschen guten alten Lustigmacher ist. Wahrhaftig, da hat euer Vater Mohamed einen verzweifelten Bock geschossen, dass er euch den Wein verboten hat. Wenn das verwünschte Gesetz nicht wäre, du müsstest ein Gläschen mit mir trinken, du möchtest wollen oder nicht. Für sich. Vielleicht beisst er an: er trinkt ihn gar zu gerne.

OSMIN
Wein mit dir? Ja Gift –

PEDRILLO
Immer Gift und Dolch, und Dolch und Gift! Lass doch den alten Groll einmal fahren und sei vernünftig. Sich einmal, ein Paar Flaschen Ciperwein! – Ah – Er zeigt ihm zwei Flaschen, wovon die eine größer als die andere ist. Die sollen mir trefflich schmecken!

OSMIN für sich.
Wenn ich trauen dürfte?

PEDRILLO
Das ist ein Wein! das ist ein Wein!
Er setzt sich nach türkischer Art auf die Erde, und trinkt aus der kleinen Flasche.

OSMIN
Kost einmal die große Flasche auch.

PEDRILLO
Denkst wohl gar, ich habe Gift hinein getan? Ha! Lass dir keine graue Haare wachsen. Es verlohnte sich der Mühe, dass ich deinetwegen zum Teufel führe. Da sieh, ob ich trinke.
Er trinkt aus der großen Flasche ein Wenig.
Nun hast du noch Bedenken? Traust mir noch nicht? Pfui, Osmin! sollt'st dich schämen – Da nimm!
Er gibt ihm die große Flasche.
Oder willst du die kleine?

OSMIN
Nein Lass nur, Lass nur! Aber wenn du mich verrätst.

PEDRILLO
Als wenn wir einander nicht weiter brauchten. Immer frisch! Mohamed liegt längst aufm Ohr, und hat nötiger zu tun, als sich um deine Flasche Wein zu bekümmern.

Duett:

PEDRILLO
Vivat Bachus!
Bachus lebe!
Bachus war ein braver Mann!

OSMIN
Ob ichs wage?
Ob ich trinke?
Ob's wohl Alla sehen kann?

PEDRILLO
Was hilft das Zaudern?
Hinunter, hinunter!
Nicht lange, nicht lange gefragt!
OSMIN
Nun war's geschehen,
Nun war's hinunter;
Das heiß’ ich, das heiß’ ich gewagt!

BEIDE.
Es leben die Mädchen,
Die Blonden, die Braunen,
Sie leben hoch!

PEDRILLO
Das schmeckt trefflich!

OSMIN
Das schmeckt herrlich!

BEIDE.
Ah! das heiß’ ich Göttertrank!
Vivat Bachus,
Bachus lebe,
Bachus, der den Wein erfand!

PEDRILLO
Wahrhaftig, das muss ich gestehen, es geht doch nichts über den Wein! Wein ist mir lieber, als Geld und Mädchen. Bin ich verdrießlich, mürrisch, launisch: hurtig nehm' ich meine Zuflucht zur Flasche; und kaum seh' ich den ersten Boden: weg ist alle mein Verdruss! – Meine Flasche macht mir kein schiefes Gesicht, wie mein Mädchen, wenn ihr der Kopf nicht auf dem rechten Flecke steht; und schwatzt mir von Süßigkeit der Liebe und des Ehestands, was ihr wollt: Wein auf der Zunge geht über alles!
Osmin fängt bereits an die Wirkung des Weins und des Schlaftrunks zu spüren, und wird bis zu Ende des Auftritts immer schläfriger und träger, doch darf’s der Schauspieler nicht übertreiben, und muss nur immer halb träumend und schlaftrunken bleiben.

OSMIN
Das ist wahr – Wein – Wein – ist ein schönes Getränke; und unser großer – Prophet mag mir’s nicht übel nehmen –  Gift und Dolch! es ist doch eine hübsche Sache um den Wein! – Nicht – Bruder Pedrillo?

PEDRILLO
Richtig, Bruder Osmin, richtig!

OSMIN
Man wird gleich so – munter Er nickt zuweilen. so vergnügt – so aufgeräumt – Hast du nichts mehr, Bruder?
Er langt auf eine lächerliche Art nach einer zweiten Flasche, die Pedrillo ihm reicht.

PEDRILLO
Hör du, Alter: trink mir nicht zu viel; es kommt einem im Kopf.

OSMIN
Trag doch keine – Sorge, ich bin ja – so – nüchtern wie möglich – Aber das ist wahr – Er fängt an, auf die Erde bin und her zu wanken. es schmeckt – vortrefflich!

PEDRILLO für sich.
Es wirkt, Alter; es wirkt!

OSMIN
Aber verraten musst du mich nicht – Brüderchen – verraten – denn – wenn’s Mohamed – nein, nein – der Bassa wüsste – denn siehst du – liebes Blondchen– ja oder nein!

PEDRILLO für sich.
Nun wird’s Zeit, ihn fortzuschaffen! Laut. Nun komm, Alter, komm, wir wollen schlafen geh’n!
Er hebt ihn auf.

OSMIN
Schlafen? – Schämst du dich nicht? – Gift und Dolch! Wer wird denn so schläfrig sein – es ist ja kaum Morgen –

PEDRILLO
Ho, ho, die Sonne ist schon hinunter! – Komm, komm, dass uns der Bassa nicht überrascht!

OSMIN im Abführen. Ja, ja,– eine Flasche – guter – Bassa – geht über– alles! – Gute Nacht – Brüderchen – gute Nacht –

Pedrillo führt ihn hinein, kommt aber gleich wieder zurück.

PEDRILLO
Gute Nacht – Brüderchen – gute Nacht! Ha, ha, ha, ha, alter Eisenfresser! erwischt man dich so? Gift und Dolch! – Du hast deine Ladung! Nur fürcht' ich, Ist’s noch zu zeitig am Tage; bis Mitternacht sind noch drei Stunden, und da könnt er leicht wieder ausgeschlafen haben.– Ach! kommen Sie, kommen Sie, liebster Herr! Unser Argus ist blind; ich hab ihn tüchtig zugedeckt.

BELMONTE
O dass wir glücklich wären! – Aber sag: ist Konstanze noch nicht hier?

PEDRILLO
Eben kommt sie da den Gang herauf. Reden Sie alles mit ihr ab. aber fassen Sie sich kurz; denn der Verräter schläft nicht immer.

KONSTANZE
O mein Belmonte!

BELMONTEO
Konstanze!

KONSTANZE
Ist’s möglich? – Nach so viel Tagen der Angst, nach so viel ausgestandenen Leiden, dich wieder in meinen Armen –

BELMONTEO
dieser Augenblick versüßt allen Kummer, macht mich all meinen Schmerz vergessen –

KONSTANZE
Hier will ich an deinem Busen liegen und weinen! – Ach, jetzt fühl ich’s: Die Freude hat auch ihre Tränen!

BELMONTE
Lass mich sie hinweg küssen diese Tränen; o dass es die letzten wären! – Aber, Konstanze, Ist’s wahr? Du bist die Geliebte des Bassa?

KONSTANZE
Wie, Belmonte? Konntest du glauben, dass deine Konstanze jemals untreu werden könnte? Traust du einem Mädchen nicht mehr Treue und Standhaftigkeit zu? – Wie viel Nächte hab' ich schlaflos auf meinem Lager durchwacht, wie viel Seufzer für dich zum Himmel geschickt – Ha! rief ich aus: Gütiger Himmel! erhalte nur meinen Belmonte; und ich will gern alles erdulden, ihm dies Herz so treu wieder zu bringen, als es bei unserer Trennung war.

BELMONTEO verzeih, Konstanze, verzeih dem misstrauischen Liebhaber. Du weißt ja: Unglück macht misstrauisch. Mit diesem Kuss empfange meine Gelübde aufs Neue, ewig, ewig der Deinige zu sein! – Und nun zu unserm Vorhaben: Ich hab hier ein Schiff in Bereitschaft; um Mitternacht, wenn alles schläft, komm ich an dein Fenster; und dann sei die Liebe unser Schutzengel!

KONSTANZE
Mit tausend Freuden! Was wollt ich nicht mit dir wagen? Ich erwarte dich –

PEDRILLO
Also, liebes Blondchen, pass ja hübsch auf, hörst du's?

BLONDE
Sorge für mich nicht. Das wär’ das erste Abenteuer, das ein Mädchen verschlafen hätte.

PEDRILLO
Du wirst's schon merken, wenn du so was Gesungenes hörst, wie's so meine Art des Abends immer ist; dann pass auf, und dann mit einem Sprung ins Schiff! – Nur hübsch Mut gefasst, und nicht verzagt: Wer alles zu verlieren hat, muss alles wagen!

Mit Pauken und Trompeten,
Und Tapferkeit und Stärke
Geh’n Helden rasch zu Werke,
Und tragen Sieg davon.

BLONDE.
Auch schwacher Mädchen Herzen
Kann Heldenmut beleben;
Trotz Zagen, Angst und Beben,
Ist endlich Sieg ihr Lohn.

BELMONTE.
Für dich, mein teures Leben,
Sollt' ich nicht alles wagen?
Selbst Fesseln für dich tragen,
Wär' schon ein süßer Lohn.

KONSTANZE .
Was acht ich die Gefahren!
In dir nur find' ich Freuden.
Den Tod für dich zu leiden,
Wär' für mich süßer Lohn.

ALLE ZUGLEICH.
Wie bebt das Herz vor Freuden!
Ha! mit der Liebe Flügeln
Eil ich durch Meer und Fluten,
Geliebte, (Geliebter) schon davon.

3. Akt
PEDRILLO
Hier lieber Klaas, hier leg sie indes nur nieder, und hole die zweite vom Schiff. Aber nur hübsch leise, dass nicht viel Lärm gemacht wird: es geht hier auf Tod und Leben.

KLAAS.
Laht mik man mahken 'k versteh hen Snack ohk en Bätken, wenn wir se man erst am Bord hebben.

PEDRILLO
Ach lieber Klaas! wenn wir mit unsrer Beute glücklich nach Spanien kommen: ich glaube, Don Belmonte lässt dich in Golde einfassen.

KLAAS. Dat müsst' woll ehn Bätken toh wahrm op het Fell gahn, mahkt nischt uht, wörd sik woll geben. Ick hole de Ledder. Geht ab.

PEDRILLO
Ach! wenn ich sagen sollte, dass mir’s Herz nicht klopfte, so sagt' ich eine schreckliche Lügen. Die verzweifelten Türken versteh’n nicht den mindesten Spaß; und ob der Bassa gleich ein Renegat ist, so ist er, wenn’s aufs Kopf ab ankommt, doch ein völliger Türke. Klaas bringt die zwote Leiter. So, guter Klaas, und nun lichte die Anker, und spann alle Segel auf: denn eh eine halbe Stunde vergeht, hast du deine völlige Ladung.

KLAAS
Bring sie nohr hastig, und dann lahr mick sorgen.
Geht ab.

PEDRILLO
Ach! – ich muss Atem holen – Es zieht mir's Herz so eng zusammen, als wenn ich’s größte Schelmstück vorhätte – – Ach wo mein Herr auch bleibt! –

BELMONTE ruft leise
Pedrillo! Pedrillo!

PEDRILLO
Wie gerufen!

BELMONTE
Ist alles fertig gemacht?
PEDRILLO
Alles! Jetzt will ich ein wenig um den Palast herum spionieren, wie's aussieht. Nehmen Sie indessen hier die Mandoline, und spielen Sie eins. Ich hab das so alle Abende getan; und wenn Sie da auch jemand gewahr wird, oder begegnet: denn alle Stunden macht hier eine Janitscharenwache die Runde; so hat’s nichts zu bedeuten, sie sind das von mir schon gewohnt; es ist fast besser, als wenn man Sie so stille hier fände.

BELMONTE
Lass mich nur machen, und komm bald wieder.
Pedrillo geht ab.

BELMONTE
O Konstanze, Konstanze! wie schlägt mir das Herz! Je näher der Augenblick kommt, desto ängstlicher zagt meine Seele; ich fürchte und wünsche, lebe und hoffe. O Liebe, sei du meine Leiterin!
Er singt und schlägt die Mandoline dazu.

Welch ängstliches Beben,
Welch sehnliches Streben,
Welch feurig Verlangen,
Zittert durch mein ganzes Blut!
Wie vom Sturm daher geschleudert,
Fürcht' und hoff' ich Tod und Leben;
O! wer kann mir Ruhe geben;
Ach! wer lindert meinen Schmerz?
Welch ängstliches Beben;
Welch sehnliches Streben,
Welch feurig Verlangen
Zittert durch mein ganzes Blut!

PEDRILLO
Alles ruhig, alles stille;
Jeder liegt auf seinem Ohre,
Und die Wach' ist schon hinein.

BELMONTE
Ha! so komm, sie zu erretten,
Denn geängstet, wie in Ketten,
Schlägt mein krankes Herz für sie.
Komm, Lass uns eilen!

PEDRILLO
Nicht so geschwinde!

BELMONTE.
Sie zu erretten.

PEDRILLO
Nur nicht so hitzig!

BELMONTE.
Bester Pedrillo!

PEDRILLO
Ah, nur gemach!
Erst sing ich mein Liedchen,
Hm! – hust' ich darein:
Dann hol ich die Leiter;
Husch! sind wir hinein.

BELMONTE.
Zaudre nicht länger!

PEDRILLO
Ah, nur gemach!

BELMONTE.
Gib mir die Leiter.

PEDRILLO
Ah, nur gemach!

BELMONTE.
Lass mich, Lass mich sie befrei’n!

PEDRILLO
Lieber Herr, das kann nicht sein.
Sieht nach der Uhr.

Ha! just ist es Mitternacht,
Stellen Sie sich auf die Wacht
Dort im Rosmaringesträuche,
Damit Niemand uns beschleiche.

Belmonte entfernt sich.

Nun, du liebe Mutter Nacht!
Nimm mich unter deinen Mantel,
Geht es schief mit unserm Handel,
Husch ich wie ein Blitz davon.
Sollte man uns Attrappieren,
Ging es an ein Strangulieren,
Hälf gar kein Kapitulieren.

Er lauscht.

O weh! o weh!
Was rührt sich da?

Belmonte nähert sich.

O mach geschwind!

PEDRILLO
Dort rauschte was.

BELMONTE.
Es war der Wind.
Frisch zum Signale!

PEDRILLO
Jetzt fang ich an.

BELMONTE
Alles ist ruhig;

PEDRILLO
Jetzt fang ich an.

BELMONTE
Quälest mein klopfendes Herze so sehr!

PEDRILLO
Vorsicht ist nötig: nun hör ich nichts mehr.

Er begleitet sich zugleich auf der Mandoline.

In Mohrenland gefangen war,
Ein Mädel hübsch und fein;
Sah rot und weiß, war schwarz von Haar,
Seufzt Tag und Nacht und weinte gar;
Wollt' gern erlöset sein.

Da kam aus fernem Land daher,
Ein junger Rittersmann;
Den jammerte das Mädchen sehr;
Ach rief er, wag ich Kopf und Ehr,
Wenn ich sie retten kann.

Noch rührt sich nichts, noch geht es gut.

BELMONTE.
Ende, ach ende!

PEDRILLO
Nur auf der Hut!
Belmonte entfernt sich wieder.

PEDRILLO

Ich komm zu dir in finstrer Nacht,
Lass, Liebchen, husch mich ein!
Ich fürchte weder Schloss noch Wacht;
Holla! horch auf! um Mitternacht,
Sollst du erlöset sein.

Gesagt, getan; Glock zwölfe stand
Der tapfre Ritter da;
Sanft reicht sie ihm die weiche Hand;
Früh man die leere Zelle fand;
Fort war sie, hopsasa!
Pedrillo hustet einigemal, KONSTANZE  öffnet das Fenster.

PEDRILLO
Sie öffnet, sie öffnet!

Winkt Belmonte.

BELMONTE.
Ich komme, ich komme!

KONSTANZE  am Fenster.
Belmonte, Belmonte!

BELMONTE.
Konstanze, Konstanze!
Pedrillo stellt die Leiter an Konstanzens Fenster, Belmonte steigt hinein; Pedrillo hält die Leiter.

PEDRILLO
Welches Zittern, welches Zagen!
Kriegte man mich jetzt bei'm Kragen,
Gings dem Hehler,
Wie dem Stehler,
Wär das bisschen Kopf dahin.
Belmonte kommt mit Konstanze unten zur Türe heraus.

BELMONTE
Nun, holder Engel!
Hab ich dich wieder.

KONSTANZE .
Zagend und ängstlich
Beben die Glieder.

PEDRILLO
Frisch nach dem Strande!
Ich folge gleich.

Belmonte und Konstanze ab.

Lieber Kupido,
Halt mir die Leiter!

Er steigt an Blondens Fenster.

Blondchen, ach Blondchen!
Öffne das Fenster,
Hurtig mach auf!
Das Fenster wird geöffnet, er steigt hinein.

OSMIN
Du hörtest Lärmen? –
Vermutlich schwärmen
Dieb und Mörder um das Haus. –
Geh, marschiere,
Spioniere
Hurtig, hurtig sie mir aus!

Der Stumme lauscht ein wenig herum; endlich wird er die Leiter an Osmins Fenster gewahr, erschrickt und zeigt sie Osmin, der wie im Taumel mit der Laterne in der Hand an seine Haustüre gelehnt, steht und nickt.

OSMIN
Gift und Dolch! ich bin verloren;
O man hat mir Tod geschworen:
Ach, man steigt mir gar ins Haus!

Er tummelt sich herum: weil er aber noch halb schlaftrunken ist, stößt er sich hier und da etc.

O weh! o weh!
Hurtig die Wache!
Geh, geh, geh, geh!
Rühr' dich und mache
Alles darnieder:
Komm dann bald wieder,
Schlag alles tot!
Der Stumme ab.Osmin setzt sich auf die Leiter mit der Laterne in der Hand und nickt ein. Pedrillo kommt rückwärts wieder zum Fenster herausgestiegen, und will die Leiter wieder herunter. Blonde oben am Fenster wird Osmin gewahr und ruft Pedrillo zu:

BLONDE.
Himmel, Pedrillo!
Wir sind verloren.
Pedrillo sieht sich um, und so wie er Osmin gewahr wird, stutzt er, besieht ihn und steigt wieder zum Fenster hinein.

PEDRILLO
Ah! welcher Teufel
Hat sich verschworen.
OSMIN auf der Leiter dem Pedrillo nach; ruft:
Blonde! Blonde!

PEDRILLO im Hineinsteigen zu Blonden.
Zurück, nur zurück!

OSMIN
Räuber! Räuber!

BLONDE
Verwünschtes Geschick!

OSMIN steigt wieder zurück.
Welch ein Getöse! –
Welch ein Geräusche! –
Hilfe, o Hilfe!
Das sind die Räuber,
Hurtig, Soldaten,
Kommt eilig herbei;
Pedrillo kommt mit Blonden unten zur Haustüre heraus, sieht schüchtern nach der Leiter, und schleicht sich dann mit Blonden darunter weg.

PEDRILLO UND BLONDE im Abgehen.
Himmel, o Himmel,
Wären wir frei!

OSMIN der sie bemerkt.
Zu Hilfe! zu Hilfe!
Gewalt! Gewalt!
Er will nach.

WACHE mit Fackeln halten Osmin an.
Halt, halt!

OSMIN
Dorthin, ihr Herren.

WACHE
Willst du dich sperren?

OSMIN
Gelt keinen Pardon!

WACHE
Du sollst nicht davon.
Sie wollen ihn fortführen.

OSMIN
Ihr irrt euch,

WACHE
Ei nicht doch!

OSMIN
Ich rief euch;

WACHE
Ei seht doch!

OSMIN, der sich immer loszumachen sucht.
Dorthin, ihr Herren!

WACHE
Willst du dich sperren?

OSMIN
Gebt keinen Pardon!

WACHE
Du sollst nicht davon!
Sie wollen wieder fort mit ihm.

OSMIN
Gewalt! Gewalt!

WACHE
Halt! Halt!
Der Stumme kommt zurück.

OSMIN zum Stummen.
Ali komm doch und bedeute,
Diese unverschämten Leute
Schleppen sonst mich selbst davon.
Der Stumme sucht sie zu bedeuten.

EINER VON DER WACHE
Ah! wenn das ist, lasst ihn gehen,
Nachts kann Irrtum leicht geschehen:
Sieh, da bringen sie sie schon.
Ein Teil der Wache bringen Pedrillo und Blonde.

OSMIN
Ist es möglich!
Wach' ich, träum' ich?
Seid ihrs beide?
Hurtig, Leute,
Gleich herunter mit dem Kopf!

PEDRILLO
Ich armer Tropf.

OSMIN
Nun kann ich mein Mütchen kühlen;
Sollst nun meine Rache fühlen;
Seh’ dich künftig ohne Kopf.

PEDRILLO
Ich armer Tropf!
Ein andrer Teil der Wache, auch mit Fackeln, bringen Belmonte und Konstanze; Belmonte widersetzt sich noch.

BELMONTE.
Schändliche, lasst mich!

WACHE
Gib dich, ergib dich!

OSMIN
Haltet ihn fest!

WACHE
Ha! wie verwegen,

OSMIN
Schleppt ihn zum Bassa!

WACHE
Zog er den Degen!

OSMIN
Haltet ihn fest!

BELMONTE
Schändliche, lasst mich!

WACHE
Gib dich, ergib dich!

OSMIN
Haltet ihn fest!

BELMONTE UND KONSTANZE
Seht den Beutel voll Zechinen.

OSMIN UND WACHE
Wie? Ihr wolltet euch erkühnen?

BELMONTE, KONSTANZE , PEDRILLO UND BLONDE
Ei, so lasst mich / ihn doch nur reden!

OSMIN UND WACHE
Nicht ein Wort! nicht ein Wort!

BELMONTE, KONSTANZE , PEDRILLO UND BLONDE
Kann euch unser Unglück dienen?

OSMIN UND WACHE
Wie? Ihr wolltet euch erkühnen?

BELMONTE, KONSTANZE , PEDRILLO UND BLONDE
Nehmt den Beutel voll Zechinen.

OSMIN UND WACHE
Schleppt sie fort! schleppt sie fort!

BELMONTE UND KONSTANZE
Habet Mitleid!

OSMIN UND WACHE
Nicht ein Wort!

PEDRILLO UND BLONDE
Habt Erbarmen!

OSMIN UND WACHE
Schleppt sie fort!

BELMONTE, KONSTANZE , PEDRILLO UND BLONDE
Kann euch unser Unglück dienen?

OSMIN UND WACHE
Ah, Verräter! so verwegen,

BELMONTE, KONSTANZE , PEDRILLO UND BLONDE
Nehmt den Beutel voll Zechinen.

OSMIN UND WACHE
Uns zu drohen mit dem Degen!

BELMONTE, KONSTANZE , PEDRILLO UND BLONDE
Habt Erbarmen!

OSMIN UND WACHE
Marsch zum Bassa!

BELMONTE, KONSTANZE , PEDRILLO UND BLONDE.
Halt, Barbaren! nur ein Wort!

OSMIN UND WACHE
Kein Erbarmen; schleppt sie fort!

KONSTANZE  UND BELMONTE.
Lasst so vielen Schmerz euch rühren!

PEDRILLO UND BLONDE.
Lasst euch unser Unglück rühren!

OSMIN
O wie will ich triumphieren!

PEDRILLO
Ich will gern kapitulieren.
Ach, man wird mich strangulieren!

OSMIN UND WACHE
Hier hilft kein Expostulieren;
Wirst gar niedlich figurieren.

WACHE
Marsch! marsch! marsch!

BELMONTE, KONSTANZE , PEDRILLO UND BLONDE
Halt! halt! halt!
Lasst euch erweichen!

OSMIN UND WACHE
Marsch! fort zum Bassa!

BELMONTE, KONSTANZE , PEDRILLO UND BLONDE
O haltet ein!

OSMIN UND WACHE
Nein, nein, nein, nein!

SELIM zu einem seiner Officiere.
Geht, unterrichtet Euch, was der Lärm im Palast bedeutet; er hat uns im Schlaf aufgeschreckt, und lasst mir Osmin kommen.
Der Offizier will abgehen, da kommt Osmin zwar hastig, doch noch ein wenig schläfrig.

OSMIN
Herr! – Verzeih, dass ich es so früh wage – deine Ruhe zu stören.

SELIM
Was gibt’s, Osmin, was gibt’s? Was bedeutet der Aufruhr?

OSMIN
Herr, es ist die schändlichste Verräterei in deinem Palast

SELIM
Verräterei?

OSMIN
Die niederträchtigen Christensklaven entführen uns – die Weiber. Der große Baumeister, den du gestern auf Zureden des Verräters Pedrillo aufnahmst, hat deine – schöne Konstanze entführt.

SELIM
Konstanze? entführt? Ah, setzt ihnen nach!

OSMIN
O 's ist schon dafür gesorgt! Meiner Wachsamkeit – hast du es zu danken, dass ich sie wieder beim Schopfe gekriegt habe. Auch mir selbst hatte der – spitzbübische Pedrillo eine gleiche Ehre zugedacht, und er hatte mein Blondchen schon beim Kopfe, um mit ihr – in alle Welt zu reisen – Aber Gift und Dolch! er soll mir’s entgelten! – Sieh, da bringen sie sie!
Belmonte und Konstanze werden von der Wache hereingeführt.

SELIM
Ah, Verräter! Wagt ihr's, vor meine Augen zu kommen? – Ha, du heuchlerische Sirene? War das der Aufschub, den du begehrtest? Missbrauchtest du so die Nachsicht, die ich dir gab, um mich zu hintergehen?

KONSTANZE
Ich bin strafbar in deinen Augen, Herr, es ist wahr: aber er ist mein Geliebter, mein einziger Geliebter, dem lang schon dieses Herz gehört. O nur für ihn, nur um seinetwillen fleht' ich Aufschub. – O Lass mich sterben! Gern, gern will ich den Tod erdulden: aber schone nur sein Leben –

SELIM
Und du wagst's, Unverschämte, für ihn zu bitten?

KONSTANZE
Noch mehr: für ihn zu sterben!

BELMONTE
Ha, Bassa! Noch nie erniedrigte ich mich zum Bitten, noch nie hat dieses Knie sich vor einem Menschen gebeugt: aber sieh, hier lieg ich zu deinen Füssen; und gerne will ich sterben, nur schone Konstanze!

KONSTANZE
Nein, hör ihn nicht, Bassa, hör ihn nicht: die Liebe macht ihn blind; er weiß nicht, was er spricht. Mich allein Lass deinen Zorn empfinden, mich allein sterben.

BELMONTE
Nein, K onstanze, nein! Nur ich habe den Tod verdient; nur ich sterbe –

SELIM
Schweigt, Unglückliche, schweigt! ihr sollt beide sterben.

KONSTANZE
O wie glücklich! – O mein Geliebter! man will uns nicht trennen. Ach, in deinen Armen zu sterben, welche Wonne!

Duett:

KONSTANZE  UND BELMONTE.
Ach, von deinem Arm umschlungen,
Todesengel, sei willkommen!
Lächelnd sink' ich in das Grab.

KONSTANZE .
O wie selig!

BELMONTE.
O wie glücklich!

KONSTANZE .
Am elisischen Gestade,

BELMONTE.
Auf dem nie betretnen Pfade

BEIDE.
Mich mit dir vereint zu sehn!

KONSTANZE .
Welche Freude!

BELMONTE.
Welche Wonne!

KONSTANZE .
An dem ruhevollen Strande,

BELMONTE.
In dem unbekannten Lande,

BEIDE.
Mich an deiner Hand zu sehn!

KONSTANZE .
O wie selig!

BELMONTE.
O wie glücklich!

KONSTANZE .
Mein Geliebter!

BELMONTE.
Ach, Geliebte!
B
EIDE.
Lächelnd sink' ich in das Grab!

SELIM bei Seite
Fast rührt mich so viel Liebe, so viel Beständigkeit.

OSMIN
Ach, Herr! kannst du das sehen? zugeben, dass sie da vor deinen Augen – Ha, Gift und Dolch! Die Wut lässt mich nicht reden. – Ah! da kommt auch das zärtliche Pärchen, das auch mir so einen Streich gespielt hat. – Ach, könnt' ich dich mit den Augen töten, heimtückischer Verräter!
Die Wache bringt Pedrillo und Blonden ebenfalls gefesselt.

PEDRILLO dem Bassa zu Füssen
Großer Bassa! Vergib, wenn’s möglich ist, dass wir’s wagten, ohne Abschied davon zu gehen. Die Liebe ist an der ganzen Affaire schuld. Das liebe Mädchen hier ist eine alte Bekanntschaft aus Spanien: Unsere Ehe war so gut als richtig; und wenn wir glücklich dazumal nach Cadiz gekommen wären, wir wären, längst Mann und Frau. Das Heimweh kam ihr und mir in Kopf; der alte Griesgram quälte sie Tag und Nacht –

SELIM
Schweig, Verräter, und reize meinen Zorn nicht noch mehr! – Osmin! Man erdrossle sie zugleich!

OSMINO
Mit tausend Freuden!
Einige Türken mit seidenen Stricken nähern sich ihnen.

PEDRILLO
Ach liebes Mädchen! wer hätte das gedacht!

BLONDE
Unglücklicher Tag! unglückliches Mädchen!
Einander im Arm.

BELMONTE
Ach, meine Konstanze!

KONSTANZE
O mein Belmonte!

SELIM
Belmonte sagst du? – Ist das dein Name?

BELMONTEO
dass er’s nicht wäre!

SELIM
Belmonte! Belmonte?

BELMONTE
Der unglückliche Belmonte! Ein Ball des Unglücks von Jugend auf. – Ohne Vater, ohne Freund –

SELIM für sich
Gott! wär es möglich? Laut. Sag, sag junger Mann, wie heißt deine Vaterstadt?

BELMONTE
Toledo.

SELIM
Und wer war dein Vater?

BELMONTE
Don Carlos Belmonte, der mich als ein Kind von vier Jahren in das Kloster St. Sebastian überbrachte

SELIM
Ach Gott, er ist’s! Mein Sohn, mein Sohn! Du bist mein Sohn. Ich bin dein Vater.

BELMONTE
Mein Vater? mein Vater?

SELIM
Dein unglücklicher Vater! Komm in meine Arme! Wie viele vergebliche Nachforschungen hab' ich deinetwegen angestellt; wie viele Tränen um dich vergossen! – O dass mich ein unbesonnener Augenblick zu dem Schritte verleitete – Doch jetzt nichts hiervon; jetzt bin ich bloß der glückliche Vater.

BELMONTE
O mein Vater, mein Vater! Wie soll ich’s der Vorsehung danken – In dem schrecklichsten Augenblick meines Lebens, am Rande des Todes – und nun so glücklich! O Konstanze, Konstanze! Lass uns seine Knie umfassen –
Sie werfen sich beide nieder

KONSTANZE
Darf ich’s wagen? Wollen Sie auch mein Vater sein?

SELIM
Steh auf! sich auf, gutes Mädchen, er ist dein! Seid meine Kinder!

KONSTANZE  UND BELMONTE ihm die Hände küssend
O wie glücklich!

KONSTANZE
Ich kann mich kaum fassen! Ist's ein Traum, oder Ist’s Wahrheit? – O, das Herz wallt mir vor Freude, vor Entzücken!

Ah, mit freudigem Entzücken
Strömt mein feuriger Gesang;
Und hinauf zu jenen Höhen
Steigt des Herzens Wonnedank.
Schon umgab mich Todesschrecken;
Ach! ich fühlte mich nicht mehr,
Und in höhern Regionen
Flatterte mein Geist umher.

PEDRILLO mit Blonden dem Bassa zu Füssen
Herr, dürfen wir beide Unglückliche es auch wagen, um Gnade zu flehen? – Ein alter getreuer Diener deines Sohnes –

BELMONTE
Auch ich bitte für ihn! Ohne ihn wär' ich nicht hier –

OSMIN
Ah, Herr, Lass dich ja nicht von dem verwünschten Schmarotzer hintergehen! Keine Gnade! keine Gnade! er hat den Tod hundertmal verdient.

SELIM
Schweig! – Steht auf und Seid frei! Wer könnte an so einem glücklichen Tage Unglückliche um sich sehen?

PEDRILLO
O tausend Dank, großer Bassa! Juchhe! Nun spring' ich mit gleichen Füssen wieder ins Leben hinein!

OSMIN
Gift und Dolch! Ich möchte bersten! – Aber, Herr! meine Sklavin Blonde muss er wieder herausgeben?

PEDRILLO bittend
Meine alte verlobte Braut, mein liebes Blondchen! –

SELIM
Ist dein, und ist frei!

BLONDE
Wie glücklich!

PEDRILLO
Es lebe der große Bassa Selim!

OSMIN
Ha! das ist zum rasend werden!

PEDRILLO
Komm, guter Alter, Lass uns Freunde sein. Hier biet' ich dir die Hand. –

OSMIN
Freund mit dir? – Ah! mit dem Teufel lieber Freundschaft, als mit dir Verräter.
Geht drohend ab.

BLONDE
Lass ihn laufen, Pedrillo, Lass ihn laufen. Dem Himmel sei Dank, dass ich aus seinen Klauen erlöset bin!

PEDRILLO
Ja wohl, liebes Blondchen; jetzt mag er schlafen oder wachen, ich lache dazu.

BELMONTE
Ach, meine Konstanze! Endlich sind wir vereint.

KONSTANZE
Mein Einziger, mein verlorner Geliebter!

BLONDE
Nun, mein Fräulein? Sagt' ich nicht immer: Hoffnung lässt nicht zu Schanden werden?

CHOR.
Oft wölkt stürmisch sich der Himmel;
Nacht und grausendes Getümmel
Zeigt sich schrecklich unserm Blick:
Doch ein Strahl der milden Sonne
Kehrt den Jammer schnell in Wonne,
Bringt die Freuden bald zurück.
ALFRED
Täubchen, das entflattert ist,
stille mein Verlangen.
Täubchen, das ich oft geküsst,
Lass dich wieder fangen!
Täubchen, holdes Täubchen mein,
komm, o komm geschwinde;
sehnsuchtsvoll gedenk ich dein,
holde Rosalinde!

ADELE
Da schreibt meine Schwester Ida ...
Die ist nämlich beim Ballett.....
(lesend)
"Wir sind heut auf einer Villa,
wo es hergeht flott und nett.
Prinz Orlofsky, der reiche Suitier, petimetre,
gibt heute Abend dort ein Grand Souper.
Kannst du eine Toilette
von deiner Gnäd'gen annektieren
und elegant dich präsentieren,
so will ich gern dich ein dort führen.
Mach dich frei nur, und ich wette, apuesto
dass wir gut uns amüsieren;
Langeweile gibt es nie da!"
So schreibt meine Schwester Ida!
Ach, ich glaub's, ich zweifle nicht.
Wär gar zu gern von der Partie;
Aber schwierig ist die G'schicht!
Wie ich komm' fort, wüsst' ich nur wie?
Ach! Wenn ich jenes Täubchen wär',
fliegen könnte hin und her,
mich in Wonne und Vergnügen
in dem blauen Äther wiegen!
Ach, warum schufst du, Natur,
mich zur Kammerjungfer nur?

ALFRED
Täubchen, das entflattert ist,
stille mein Verlangen.

ADELE
Was ist denn das für ein Gewinsel? Also nicht eine Minute kann man ruhig nachdenken.

ALFRED
Täubchen, das ich oft geküsst,
Lass dich wieder fangen!

ADELE
Ich muss ihm nur a Sechserl spendieren, sonst hört der Kammersänger net auf!

ALFRED
Täubchen, holdes Täubchen mein,
Komm, o komm geschwinde;
sehnsuchtsvoll gedenk' ich dein,
Holde Rosalinde!

ADELE
Was, Rosalinde? Das ist ja gar kein Strassentenor sondern ein Verehrer und net einmal von mir, sondern von meiner Gnädigen!

Eine Adele ist hier und keine Rosalinde, wenigstens nicht für Sie! verlassen Sie augenblicklich unseren Garten.
(geht ab)

ROSALINDE
(Tritt ein)
Er ist's! Alfred, er der mich vor vier Jahren anbetete.

ADELE
(Tritt ein)
Gnä' Frau meine arme Tante ist so krank!

ROSALINDE
Wer ist krank?

ADELE
Meine Tante! Und ich möchte Sie recht schön bitten, gnä' Frau, ich möcht einen freien Ausgang haben.

ROSALINDE
Unmöglich

ADELE
Gnä' Frau!

ROSALINDE
Unmöglich! Hast du denn vergessen, dass mein Mann seine fünftägige Arreststrafe antreten muss? Eben ist er mit seinem Advokaten bei Gericht und versucht Aufschub
zu bekommen. Ich kann dich keinen Moment entbehren. Basta!

ADELE
O meine arme, arme Tante!
Ach, ich darf nicht hin zu dir,
Und du sehnst dich so nach mir
Nach der heißgeliebten Nichte;
Gar zu traurig ist die G'schichte!
Ach, warum schuf die Natur usw.

ROSALINDE
Du darfst heut nicht zu ihr,
und wenn sie sich auch sehnt nach dir
Wohl traurig klingt die G'schichte
von der geliebten Nichte.
Ja, warum schuf die Natur
dich zur Kammerjungfer nur!

(Adele geht ab)

ROSALINDE

Wie glücklich die alte Tante ist, eine so 1iebevolle Nichte zuhaben! Aber ich kann ja Adele nicht entbehren, wenn mein Mann seine Strafe antreten muss.

ALFRED
Täubchen, das entf1attert ist usw.

ROSALINDE
Die Stimme! Natürlich, ... das ist Alfred.

ALFRED
(Tritt ein)
Ich bin's

ROSALINDE
Mein Herr, ich bin verheiratet.

ALFRED
Das stört mich nicht.

ROSALINDE
Aber mich. Ich beschwöre Sie, ich bitte Sie, gehen Sie, verlassen Sie mich!

ALFRED
Ich verlasse Sie, aber schwören Sie, dass ich wiederkommen darf! Giura!

ROSALINDE
Es sei! Ich schwöre. Giuro!

ALFRED
Arrivederci.

(geht ab)

ROSALINDE
Ach, wenn er nur nicht singen wollte! Seinem Dialog bin ich noch allenfalls gewachsen, aber vor seinem hohen B schmilzt meine ganze Kraft dahin! Da kommt ja mein Mann mit seinem Advokaten. Das ist einböses Zeichen.

(Eisenstein und Blind treten ein.)

EISENSTEIN
Nein, mit solchen Advokaten ist verkauft man und verraten, da verliert man die Geduld!

ROSALINDE
Nur Geduld!

BLIND
Nur Geduld!

EISENSTEIN
Statt dass jetzt die Sach' beendet,
hat's noch schlimmer sich gewendet,
und daran ist der nur schuld!

BLIND
Wer ist schuld?

ROSALINDE
Der ist schuld? Der wäre schuld?

EISENSTEIN
Ja, der ist ganz allein nur schuld!

ROSALINDE
Der Herr Notar?

BLIND
Das ist nicht wahr!

EISENSTEIN
Du wirst's schon seh'n!

ROSALINDE
Was ist gescheh'n?
Erkläre dich!

EISENSTEIN
So höre mich!

BLIND
Nein, erst will ich verteid'gen mich!

EISENSTEIN
Ersparen Sie sich diese Müh.
So etwas ist nicht zu verteid'gen!

BLIND
Mir scheint, Sie wollen mich beleid'gen!

ROSALINDE
Nur ruhig Blut,
Warum die Wut?

EISENSTEIN
Der Herr Notar schwatzt wie ein Star!

BLIND
Herr Eisenstein fing an zu schrei'n!

EISENSTEIN
Sie stottern ja bei jedem Wort!

BLIND
Sie schimpfen ja in einem fort!

EISENSTEIN
Sie krähen wie ein Hahn!

BLIND
Sie sind ein Dummrian!

EISENSTEIN
Sie sind ein Blödrian!

BLIND
Sie sind sehr inhuman!

EISENSTEIN
Sie reden lauter Lebertran
und dreh'n sich wie ein Wetterhahn!

BLIND
Sie rasen wie im Fieberwahn
und kollern wie ein Puterhahn!

ROSALINDE
Doch schone dein Organ
Es sei nun abgetan!
(Zu Blind)
Das beste wär, Sie geh'n hinaus,
sonst wird noch ein Skandal daraus!

EISENSTEIN
Ja. sie hat recht, ...

BLIND
Nein, diesen Ton. ...

EISENSTEIN
... geh'n Sie hinaus, ...

ROSALINDE
Das beste ist, Sie geh'n hinaus usw.

EISENSTEIN
... sonst wird noch ein Skandal daraus!
Ja, gehen Sie, da ist die Tür, hinaus,
hinaus!

BLIND
... hält man nicht aus.
Ich gehe hinaus! Ich gehe schon,
Ja, ja, ich geh aus diesem Haus!
... Beleidigend!

(geht ab)

ROSALINDE
Beruh'ge endlich diese Wut,
verurteilt bist du, nun denn, gut!
ergib dich drein. und nach fünf Tagen,
Schon nach fünf Tagen, ist die
G'schichte abgemacht!

EISENSTEIN
Fünf Tage, sagst du? Jetzt sind's gar acht!
Man hat mir drei dazu geschlagen....
So weit hat's dieser Mensch gebracht;
noch heute soll ich stellen mich
und komm ich nicht, so holt man mich.

ROSALINDE
Das ist zu stark, das muss ich sagen!

EISENSTEIN
Nicht wahr?

ROSALINDE
Ach, mein armer, armer Mann.
Noch heute also musst du dran?
Was kann ich dir zum Troste sagen?
Wie soll ich das ertragen?

EISENSTEIN
Ach, mit solchen Advokaten usw.

ROSALINDE
Und daran ist der nur schuld!

BLIND
Wer ist schuld?

ROSALINDE
Sie sind schuld!

EISENSTEIN
Der ist ganz allein nur schuld!

BLIND
Wenn Sie nur erst wieder frei,
prozessieren wir auf's neu,
und ich werde Ihnen dann
schon zeigen was ich kann!

EISENSTEIN
Ja, was können Sie denn schon?

BLIND
Rekurrieren, appellieren,
reklamieren, revidieren,
rezipieren, subvertieren,
devolvieren, involvieren,
protestieren, liquidieren,
exzerpieren, extorquieren,
arbitrieren, resümieren, ...

EISENSTEIN
Hör'n Sie auf, ...

BLIND
... exkulpieren, ...

EISENSTEIN
... 's ist genug!

BLIND
... inkulpieren ...

ROSALINDE
Hör'n Sie auf, ...

BLIND
... kalkulieren, ...

ROSALINDE
... 's ist genug. ...

BLIND
... konzipieren, ...

ROSALINDE
... hör'n Sie auf. ...

BLIND
... und Sie müssen triumphieren!

ROSALINDE
... es ist genug!

... Ob Sie Berge von Papieren
auch dabei zusammenschmieren,
doch Sie werden schließlich sich blamieren,
Ja, ach ja, blamieren!
Ach, mit solchen Advokaten
ist man übel oft beraten,
und fürwahr, man braucht Geduld, ja Geduld!

EISENSTEIN
Wenn Sie jetzt nicht retirieren,
muss ich Sie hinausbugsieren
und vielleicht noch schließlich attackieren.
Muss ich Sie hinausbugsieren,
ja, hinausbugsieren!
Nein, mit solchen Advokaten
ist verkauft man und verraten,
und verliert man die Geduld!

BLIND
Rekurrieren, appellieren usw.
Ja, Sie werden triumphieren,
triumphieren sicherlich!
Ach, wir armen Advokaten
sollen immer helfen, raten,
dazu braucht man viel Geduld!

ROSALINDE, EISENSTEIN, BLIND
Statt dass jetzt die Sach' beendet,
hat's noch schlimmer sich gewendet, ....

ROSALINDE
... und nur der allein ist schuld, der ist
schuld!

EISENSTEIN
.. und daran ist der nur schuld, der ist
schuld!.

BLIND
... und daran sind Sie nur schuld, Sie
sind schuld!

BLIND
(Stotternd)
Und daran sind Sie nur schuld!

ROSALINDE
Also noch verschärft die Strafe?

EISENSTEIN
Diese Zulage habe ich diesem Dr.
Stotterbock zu verdanken.

BLIND
Rei ... rei ... reizen Sie mich nicht! Sie
allein haben durch Ihr Benehmen die
Richter erbittert und obendrein ko ...
ko ... konfus gemacht. Wenn Sie
wieder einmal mit einem Amtsdiener
einen Konflikt haben sollten, genieren
Sie sich nicht... Das nächste Mal
arbeite ich Sie ganz sicher heraus!

EISENSTEIN
Donnerwetter! Hinaus!

BLIND
Ihr Diener!

(geht ab)

ROSALINDE
Meinarmer Gabriel! Acht lange
Tage... und heute noch!

EISENSTEIN
Ja, heute noch!

ADELE
(an der Tür)
Herr Dr. Falke.

FALKE
(Tritt)
Ah, da ist er noch mein Kompliment,
schönste aller Frauen! Ich gratuliere
von Herzen, dass Sie den Tyrannen
auf acht Tage loswerden.

ROSALINDE
Ach, lieber Doktor, versuchen Sie
doch, unseren armen Arrestanten ein
wenig aufzuheitern.
Ich richte inzwischen das Souper.

(geht ab)

FALKE
Freilich, ihn zu zerstreuen und
aufzuheitern bin ich ja da, schönste
Frau
(Zu Eisenstein)
Du, ich komme, dich zu einem
fürstlichen Souper mit den
reizendsten Koryphäen der Oper
einzuladen.

EISENSTEIN
Sage mal, bist du toll? Ich muss doch
binnen einer Stunde meine
Arrest antreten.

FALKE
Den Arrest kannst du doch morgen in
aller Frühe antreten. Heute kommst
du mit mir in die Villa der Prinzen
Orlofsky. Damen findest du dort!
Damen, sag ich dir!

EISENSTEIN
Damen!

FALKE
Kommt mit mir zum Souper,
es ist ganz in der Näh'!
Eh' du in der stillen Kammer
laborierst am Katzenjammer,
musst du dich des Lebens freu'n,
Einfideler Bruder sein!
Ballerinen, leicht beschwingt,
In den blendendsten Toiletten.
Fesseln dich mit Rosenketten,
Wenn die Polka lustig klingt!
Freundchen, glaub mir das verjüngt,
Das verjüngt!
Bei rauschenden Tönen
im blendenden Saal
mit holden Sirenen
beim Göttermahl,
Da fliehen die Stunden
in Lust und Scherz.
Da wirst du gesunden
von allem Schmerz.
Soll dir das Gefängnis
nicht schädlich sein,
musst du etwas tun,
dich zu zerstreu'n!
Siehst du das ein?

EISENSTEIN
Das seh' ich ein!

FALKE
Siehst du das ein? ...
... Siehst du das ein?

EISENSTEIN
Das seh' ich ein!
.. Doch meine Frau, die darf's nicht
wissen.

FALKE
Du wirst zum Abschied zärtlich sie küssen,
Sagst: Lebewohl, mein süßes Kätzchen!

EISENSTEIN
Nein, nein, mein Mauserl, sage ich, mein süßes Mauserl!...

FALKE
Süßes Mauserl!

EISENSTEIN, FALKE
...denn als Katze schleich ich selbst
schleichst du aus dem Hause mich/dich

FALKE
Und während sie schläft ganz fest,
gehst du, statt in deinen Arrest,
mit mir zu dem himmlischen Fest, ...

EISENSTEIN, FALKE
... mit mir/Dir zu dem himmlischen Fest!
       

FALKE
Ich führe dich ein als Fremden:
Marquis Renard sollst du dort sein!
So wird man nichts erfahren können.
Willst du?

EISENSTEIN
Ach, ich war schon erbötig.....

FALKE
Du musst!

EISENSTEIN
...wenn nur....

FALKE
Du musst dir's vergönnen,
zur Gesundheit ist's ja nötig.

EISENSTEIN
Ja, ich glaub, du hast recht,
die Ausred' ist nicht so schlecht!

FALKE
Soll dir das Gefängnis
nicht schädlich sein...

EISENSTEIN
Soll mir das Gefängnis
nicht schädlich sein...

EISENSTEIN, FALKE
... Muss ich/ Musst du etwas tun
... mich/Dich zu zerstreu'n.

FALKE
So kommst du?

EISENSTEIN
Wer kann wider stehn'n? Ja, ich bin dabei!

FALKE
Zum Teufel mit deiner Leimsiederei!

EISENSTEIN, FALKE
Ein Souper uns heute winkt,
wie noch gar keins da gewesen,
hübsche Mädchen, auserlesen!
zwanglos dort man lacht und singt!
La la la la...

(Rosalinde tritt ein)

ROSALINDE
Was ist denn los? Ihr tanzt und singt zugleich?

FALKE
Es ist schon spät, und ich will dem Gefängnisdirektor, Herrn Frank, seine neuen Hausgenossen anmelden. Ich werde dich dort erwarten, Freund Eisenstein.

(geht ab)

EISENSTEIN
Also, meine teure Rosalinde, jetzt ist es Zeit, an meine Toilette zu denken.

ROSALINDE
Toilette, für's Gefängnis?

EISENSTEIN
Natürlich! Falke meint, es ist leicht möglich, dass ich dort eine geschlossene Gesellschaft vorfinde.
Ich weiß, wie ich mich kleide:
In schwarzem Samt und Seide
mit einem Chapeau bas. ...
Gleich bin ich wieder da!

(geht ab)

ROSALINDE
Der Mann ist ja wie ausgewechselt! Mir scheint, er freut sich beinahe, ins
Gefängnis eingeliefert werden.

ADELE
(Tritt)
Gnä' Frau?

ROSALINDE
Adele, wie geht es denn deiner armen alten kranken Tante?

ADELE
Schlecht, gnä' Frau, und ich bitt' Sie recht schön......

ROSALINDE
Also gut, Adele, ich gib dir den Urlaub.

ADELE
Küß die Hand, gnä' Frau, küß die Hand!

EISENSTEIN
(Tritt)
Rosalinde, meine teuerste Rosalinde!

ROSALINDE
Mein armer Gabriel!

EISENSTEIN
Ermanne dich Weib, ermanne dich!

ROSALINDE
So muss allein ich bleiben
acht Tage ohne dich!
Wie soll ich dir beschreiben
mein Leid so fürchterlich!
Wie werd' ich es ertragen,
dass mich mein Mann verließ?
Wem soll mein Leid ich klagen?
O Gott, wie rührt mich dies!
Ich erde dein gedenken
des Morgens beim Kaffee,
wenn ich dir ein will schenken.
die leere Tasse seh'
Kann keinen Gruß dir winken,
aus Jammer werd' ich gewiss
ihn schwarz und bitter trinken. Ach!

EISENSTEIN
O Gott, wie rührt mich dies!

ROSALINDE, ADELE, EISENSTEIN
O Gott, wie rührt mich dies!
O je, o je, wie rührt mich dies! usw.

ROSALINDE
Wo bleibt die traute Gruppe,
kommt Mittag dann heran?
Zum Rindfleisch wie zur Suppe.
zum Braten keinen Mann!
Und sinkt der nächt'ge Schleier,
gibt's wieder mir' nen Riss.
Mein Schmerz wird ungeheuer!

ROSALINDE, ADELE, EISENSTEIN
O je, o je, wie rührt mich dies! usw.

EISENSTEIN
Was soll das Klagen frommen?
Den kopf verlier' ich schier!

ROSALINDE
Mein Kopf ist ganz benommen!

ADELE
Den meinen hab' ich hier!

EISENSTEIN
Leb' wohl, ich muss nun geh'n!

ROSALINDE, ADELE
Leb' wohl, du/er musst nun geh'n!

ROSALINDE, ADELE, EISENSTEIN
Doch bleibt ein Trost so süß!

ADELE
Es gibt ein Wiedersehen! usw.

ROSALINDE, ADELE, EISENSTEIN
Es gibt ein Wiedersehen!
O Gott, wie rührt mich dies! usw.

(Eisenstein und Adele gehen ab)

ROSALINDE
Er weint und tanzt zugleich. Wie leichtsinnig doch diese Männer sind! Er wird sich schnell zu trösten wissen, während ich arme Frau einsam und verlassen um ihn traure, bis ... der andere kommt! Da ist er schon!

ALFRED
Er brummt!

ROSALINDE
Er brummt! Ja, was machen Sie denn da? Sie können doch nicht den Schlafrock von meinem Mann anziehen, und mich so kompromittieren.

ALFRED
Kompromittieren? Nein! Aber mit ihnen soupieren!

Trinke, Liebchen, trinke schnell,
trinken macht die Augen hell!
Sind die schönen Auglein klar,
siehst du alles licht und wahr.
Siehst, wie heiße Lieb', ein Traum,
der uns äffet sehr,
siehst, wie ew'ge Treue Schaum...
So was gibt's nicht mehr!
Flieht auch manche Illusion,
die dir einst dein Herz erfreut,
gibt der Wein dir Tröstung schon
durch Vergessenheit!
Glücklich ist, wer vergisst,
was doch nicht zu ändern ist.
Kling, kling, sing, sing, sing,
trink mit mir, sing mit mir.
La la la ... sing, sing, sing, trink mit mir, sing, sing, sing!

ROSALINDE
Ach, was tut man hier?

ROSALINDE, ALFRED
Glücklich ist, wer vergißt usw.

ROSALINDE
Er geht nicht von hinnen,
schlaft hier wohl noch ein.
Was soll ich beginnen?

ALFRED
Stoß an!

ROSALINDE
Nein, nein, nein, nein!

ALFRED
Ach! Trinke, Liebchen, trinke schnell,
trinken macht die Augen hell!
Mach' doch nur kein bös' Gesicht.
Sei hübsch lustig, grolle nicht!
Brachst du einmal auch die Treu'.
Das sei dir verzieh'n!
Schwöre wieder mir auf's Neu',
und ich glaub' es kühn!
Glücklich macht uns Illusion,
ist auch kurz die ganze Freud'!
Sei getrost, ich glaub' dir schon
und bin glücklich heut'!

ROSALINDE, ALFRED
Glücklich ist, wer vergisst usw.

ROSALINDE
(Zu Alfred)
Ich höre Stimmen; man spricht unten! Hören Sie! Da kommt jemand die Treppe herauf!

ALFRED
Das geniert mich nicht!

ROSALINDE
Himmel. welche Lage!

FRANK
(Tritt ein)
Erschrecken Sie nicht, gnäd'ge Frau, ich bin Gefängnisdirektor Frank und kann mir das Vergnügen nicht Versagen, Ihren renitenten Herrn Gemahl, persönlich in sein Stillleben zu geleiten.

ROSALINDE
Aber mein Gemahl ist ja gar nicht....

ALFRED
Trinke, Liebchen, trinke schnell usw.

ROSALINDE
(Zu Alfred)
So schweigen Sie doch, wir sind nicht allein!

ALFRED
Das geniert mich nicht!
Kling, kling usw.

FRANK
(Zu Alfred)
Mein Wagen wartet unten; ich hoffe, Sie werden keinen weiteren Widerstand leisten.....

ALFRED
Nein, glücklich ist usw.

FRANK
Ha, ha, ha! Ganz recht! Ich sehe, Sie fassen die Sache von der humoristischen Seite auf.

ALFRED
(Zu Frank)
Trink mit mir usw.

FRANK
Meinetwegen, ha, ha, ha!

ALFRED, FRANK
Glücklich ist usw.

FRANK
Sie seh'n, ich kann auch gemütlich sein. nun kommen Sie, mein Herr von Eisenstein

ROSALINDE
(für sich)
Was soll ich tun? ... O welche Pein!

ALFRED
Ich bin nicht Herr von Eisenstein, ... bin nicht der, den Sie suchen!

FRANK
Sie sind es nicht?

ALFRED
Zum Teufel, nein!

FRANK
Nur Ruhe, nicht gleich fluchen!

ROSALINDE
(Zu Alfred)
Sie müssen jetzt mein Gatte sein!

FRANK
(für sich)
Sollt' ich hier hintergangen sein?

ROSALINDE
Mein Herr, was dächten Sie von mir
saß ich mit einem Fremden hier?
Das wär' doch sonderbar!
Mit solchen Zweifeln treten da
Sie wahrlich meiner Ehr' zu nah';
Beleid'gen mich fürwahr!
Spricht denn diese Situation
hier nicht klar und deutlich schon?
Mit mir so spät
im tête-à-tête,
ganz traulich und allein,
in dem Kostüm
so ganz intim.
Kann nur allein der Gatte sein!

ALFRED, FRANK
Mit ihr so spät
im tête-à-tête,....

ROSALINDE, ALFRED, FRANK
...ganz traulich und allein usw.

ROSALINDE
Gleich einem Pascha fanden Sie
ihn, mir im Schlafrock vis-à-vis.
Die Mütze auf dem Haupt.
Dass man bei solchen Bilde noch
ein wenig zweifeln könnte doch,
das hätt' ich nie geglaubt!
Sehen Sie doch, wie er gähnt,
wie er sich nach Ruhe sehnt!
Im tête-à-tête
mit mir so spät,
schlief er beinah schon ein ...
So ennüyiert
und so blasiert
kann nur allein ein Eh'mann sein.

ALFRED, FRANK
Im tête-à-tête
mit ihr so spät, ....

ROSALINDE, FRANK, ALFRED
... schlief er beinah schon ein usw.

FRANK
Nein, nein, ich zweifle gar nicht mehr,
doch da ich fort nun muss,
so geben Sie, ich bitte sehr,
Sich schnell den Abschiedskuss!

ROSALINDE
Den Abschiedskuss?

ALFRED
Den Abschiedskuss?

FRANK
Den Abschiedskuss!

ROSALINDE
(Zu Alfred)
Nun denn, wenn es sein muss,
da haben Sie den Kuss!

ALFRED
Soll ich schon brummen müssen
für den werten Herrn Gemahl,
kann ich für ihn auch küssen!
Komm, Weibchen, küss' mich noch einmal!

FRANK
Mein Herr, ich bin etwas pressiert,
da heut' ich selbst noch invitiert.
d'rum lassen Sie uns gehen,
Ja, lassen endlich Sie uns geh'n!

ROSALINDE
(Zu Alfred)
Sie finden gewiss  dort meinen Gemahl.

ALFRED
Wir brummen vielleicht in demselben Lokal.

ROSALINDE
O schonen Sie mich!

ALFRED
Ganz sicherlich!

ROSALINDE
Ach!

FRANK
Folgen Sie nun schnell,
der Wagen ist zur Stell,
D'rum fort, d'rum fort, nur schnell!
Mein schönes, großes Vogelhaus,
es ist ganz nahe hier.
Viel' Vögel flattern ein und aus,
und finden frei Quartier.
D'rum lad' ich Sie ganz höflich ein,
Verehrtester, ich bitt',
dort auch mein werter Gast zu sein.
Verehrtester, ich bitt', ich bitt',
spazier'n S'gefälligst mit!

ALFRED
Wenn es sein muss, so will ich geh'n!

ROSALINDE
Doch schweigen Sie!

ALFRED
Es soll gescheh'n!

FRANK
Nur fort, schnell fort!

ALFRED
Gleich will ich mich bequemen,
doch erst noch Abschied nehmen!

ROSALINDE
Genug, mein Herr, es ist schon gut!

ALFRED
Ein Küsschen noch, dann hab' ich Mut!

ROSALINDE
Nein, nein, genug, wir müssen scheiden!

ALFRED
Ein, Küsschen gibt Trost mir im Leiden!

FRANK
Mein Herr, genug der Zärtlichkeit,
Wir kommen nicht zu Ende heut'!
Genug, es ist schon Zeit!

ROSALINDE, ALFRED, FRANK
Mein schönes, großes Vogelhaus usw....

ROSALINDE, ALFRED
..Er ladet Sie ganz höflich ein,....

FRANK
D'rum lad' ich Sie ganz höflich
ein, ...

ROSALINDE, ALFRED, FRANK
... auch sein Gast zu sein!

ROSALINDE
D'rum bitt' ich, fügen Sie sich drein,
Es muss ja leider sein!

ALFRED
Ich füge vorderhand mich drein,
Das wird das Beste sein!

FRANK
Ich bitte, fügen Sie sich drein,
Das wird das Beste sein!

ALFRED
Das wird ...

FRANK
Ich bitte ...

ROSALINDE
Ja, ja, leider, ach, leider muss es sein,
Leider muss es ja sein!

ALFRED
... wohl vorderhand das Allerbeste sein,
Leider muss es ja sein!

FRANK
...fügen Sie sich drein, es muss geschieden sein,
Ohne Umständ' nun, denn es muss ja sein!

ROSALINDE
Nun wohl an, das ... Schicksal will
dass heut' allein ich soll soupieren;
ja, ich füge willig mich darein!
Warum soll man noch vergeblich
streiten hier und lamentieren?
Fort, nun fort, es muss ja sein! Ach!

ALFRED
Ach, wie gern möcht' hier mit Ihnen ich soupieren,
aber, wie mir scheinet, soll's nicht sein! Ach!
Das Schicksal will mich grausam schon von hinnen führen!
Fort, denn fort, es muss ja sein, ja sein!

FRANK
Kommen Sie, ich selbst will heute auch soupieren,
Fügen Sie sich endlich doch darein!
Lassen Sie sich ohne Umständ' arretieren!
Fort, nun fort, es muss sein, d'rum fort!

(Frank und Alfred gehen ab)





ZWEITER  AKT


Saal im Hause der Prinz Orlofsky



ALLE
Ein Souper heut' uns winkt,
wie noch keins gar da gewesen!
Delikat, auserlesen
immer hier man speist und trinkt.
Alles, was mit Glanz die Räume füllt,
Erscheint uns wie ein Traumgebild.
Wie in einen Zauberkreis gebannt,
ruft alles: ha, charmant!
Ja, charmant, amüsant! usw.
Wie fliehen schnell die Stunden fort,
die Zeit wird sicher keinem lang,
es heißt ja hier das Losungswort:
Amüsant, amüsant, amüsant! usw.

FALKE
Ich hoffe, Durchlaucht amüsieren sich auf dem Fest.

ORLOFSKY
Ich habe in meinen achtzehn Jahren vierzig durchlebt, Doktor Falke. Alles langweilt mich; ich kann nicht mehr lachen. Ja, meine Millionen sind mein Unglück.

FALKE
Das Unglück möchte ich gern mit ihnen teilen, Durchlaucht!

ORLOFSKY
Und meinen Sie, dass wir heute laceen cerdeen?

FALKE
Ich hoffe es, Durchlaucht. Sie haben mir plein pouvoir gegeben, und ich war bemüht, einen kleinen dramatischen Scherz vorzubereiten.

ORLOFSKY
Also, wie heißt das Stück?

FALKE
Rache einer Fledermaus!

ORLOFSKY
Der Titel ist originell genug!

IDA
(Zu Adele)
Der Junge ist der Prinz.

ADELE
Noch so klein und schon Prinz?

FALKE
Da ist Adele; mein Briefchen hat gewirkt.

Da ist schon eine meiner handelnden Personen. Unsere Gesellschaft unterhält sich schon
beim Spiel. Wollen Durchlaucht nicht teilnehmen!

ORLOFSKY
Nein, ich könnte zufällig gewinnen, und das langweilt mich. Aber Sie, meine Damen, hätten vielleicht die Güte, einpaar tausend Francs für mich zu wagen? Wollen Sie mit dem Inhalt dieser Brieftasche mein Glück auf die Probe stellen?

ADELE
Mit Vergnügen! Aber wenn wir Unglück haben sollten?

ORLOFSKY
So werde ich das Glück haben, Sie bald wieder hier zu sehen. Carikoni wird Sie zum Kartentisch führen.

CARIKONI
Bitte, folgen Sie mir, carissimi.

IDA
I hab' mein Portemonnaie vergessen. Werden Sie, Lord Barrymore, mir das Ihre leihen?

BARRYMORE
Nein, wir in England verlieren unser Geld am liebsten selbst. Aber mein lieber Carikoni, werden Sie sein Bankier?

CARIKONI
Naturally, my dear. We control everything.

ALLE
Wir fliehen schnell usw.

ORLOFSKY
Nun erklären Sie mir doch, Doktor, was Sie vorhaben?

FALKE
Gönnen mir Durchlaucht das Vergnügen der Überraschung. Vorläufig nur das eine: diese Olga ist die Kammerjungfer unseres Helden.

IVAN
Der Marquis von Renard!

(Eisenstein Tritt)

FALKE
Das ist unser Held selbst. Ich habe eine göttliche Idee. Ich lade seine Frau ein.

ORLOFSKY
Sie wird nicht kommen.

FALKE
Sie kommt. Ich habe ein Mittel Beschäftigen Sie nur einen Augenblick diesen Mann.

ORLOFSKY
(Zu Eisenstein)
Eine Frage, Herr Marquis.

EISENSTEIN
Bitte ja, bitte?

ORLOFSKY
Trinken Sie ein Gläschen Madeira mit mir?

EISENSTEIN
Was? Das ist alles?

ORLOFSKY
Trinken Sie!

EISENSTEIN
Ja, mit dem größten Vergnügen.

ORLOFSKY
(Zu Diener)
Madeira, Ivan!
Trinken Sie!

EISENSTEIN
Zu dienen!
Wie der mit mir herum kommandiert!

ORLOFSKY
Hören Sie mich an! Ich muss Sie vor allen Dingen mit meinen nationalen
Eigentümlichkeiten bekannt machen.
Ich lade gern mir Gäste ein,
man lebt bei mir recht fein,
man unterhält sich wie man mag,
Oft bis zum hellen Tag!
Zwar langweil' ich mich stets dabei,
was man auch treibt und spricht;
Indes, was mir als Wirt steht frei,
duld' ich bei Gästen nicht!
Und seh' ich, es ennüyiert
sich jemand hier bei mir,
so pack' ich ihn ganz ungeniert,
werf' ihn hinaus zur Tür.
Und fragen Sie, ich bitte,
warum ich das denn tu'?
'S ist mal bei mir so Sitte,
Chacun à son goût!

EISENSTEIN
Gehorsamer Diener! Ein recht russisches, drastisches Mittel! Wenn jeder, der sich langweilt, hinaus geworfen wird, werden sich sicher alle Gäste amüsieren!

ORLOFSKY
Wenn ich mit andern sitz' beim Wein,
und Flasch' um Flasche leer',
muss jeder mit mir durstig sein,
sonst werde grob ich sehr!
Und schenke Glas um Glas ich ein,
duld' ich nicht Widerspruch.
Nicht leiden kann ich's, wenn sie schrei'n:
Ich will nicht, hab' genug!
Wer mir beim Trinken nicht pariert,
sich zieret wie ein Tropf,
dem werfe ich ganz ungeniert
die Flasche an den Kopf.
Und fragen Sie, ich bitte usw.
Ach ich möchte noch einmal jung werden!

EISENSTEIN
Wünschen Durchlaucht vielleicht noch einmal in den hochfürstlichsten Windeln zu liegen?

ORLOFSKY
Ich möchte lachen, herzlich lachen, und das kann ich so selten. Aber Dr. Falke hat mir versprochen, dass ich heut über Sie lachen soll

EISENSTEIN
Über mich?

ORLOFSKY
Ja. über Sie.
(Zu Falke)
Falke, wir werden über den Marquis lachen, nicht wahr?

FALKE
Ich hoffe es, Durchlaucht!

(Adele und Ida treten)

ORLOFSKY
Aha.....die Olga.

ADELE
Mein Prinz, ich stelle Ihnen Ihr Portefeuille zurück, bitt' schön, 's ist leer!

IDA
Der verflixte Carikoni hat uns alles abgenommen.

EISENSTEIN
Alle Wetter!

ORLOFSKY
Was gibt's?

EISENSTEIN
Das ist ja ... das ist ja mein Stubenmädchen

ADELE
(Zu Ida)
Mein gnädiger Herr!

IDA
Was sagst du?

EISENSTEIN
Und noch dazu in der Robe meiner Frau!

ADELE
(Zu Ida)
Und die arme Frau glaubt, er brummt im Gefängnis.

FALKE
Gestatten, darf ich vorstellen? Fräulein Olga ... Fräulein Ida ... Herr Marquis Renard!

EISENSTEIN
Fräulein Olga heißen Sie?

ADELE
Ja, bitt' schön.

EISENSTEIN
Mein Fräulein, sind Sie immer Fräulein Olga gewesen?

ADELE
Mein Herr Marquis, sa'nn Sie immer Marquis gewesen?

FALKE
Ah. ganz nett!

EISENSTEIN
Nein, diese Ähnlichkeit!

ADELE
Mit wem, mein Herr, bitt' schön, mit wem?

EISENSTEIN
Mit ... meinem Stubenmädchen!

ORLOFSKY
Ausgezeichnet, Falke, ausgezeichnet!
Ach, meine Herr'n und Damen,
hier gibt es einen Spaß!

FALKE
Zur rechten Zeit Sie kamen!

ALLE
Was gibt's? Was gibt's?
Erzählt doch was!

ORLOFSKY
Seh'n Sie, dies Fräulein zierlich,
die hält der Herr Marquis für ...
Nein, 's ist zu possierlich!

ALLE
Für was denn?

FALKE
Raten Sie!

ADELE
Für eine Zofe hält er mich,
Ist das nicht lächerlich?

ALLE
Ha, ha, ha...
Das ist sehr lächerlich!
Ha, ha, ha ...

ORLOFSKY
Mein Herr, das ist nicht sehr galant!
Wie kann man so sich irren? Wie ungalant!

FALKE
Wie ungalant!

ALLE
Wie ungalant!

EISENSTEIN
Die Ähnlichkeit ist zu frappant! ...

ALLE
Wie ungalant!

EISENSTEIN
... das musste mich verwirren.

ADELE
Mein Herr Marquis,
ein Mann wie Sie
sollt' besser das verstehen,
Darum rate ich
nur genauer sich
die Leute anzusehen!
Die Hand ist doch wohl gar so fein, ach!
Dies Füßchen, so zierlich, so klein, ach!
Die Sprache, die ich führe,
die Taille, die Tournüre,
Dergleichen finden Sie
bei einer Zofe nie!
Gestehen müssen Sie für wahr,
sehr komisch dieser Irrtum war!
Ja, sehr komisch, ha, ha, ha,
Ist die Sache, ha, ha, ha,
D'rum verzeih'n Sie, ha, ha, ha,
Wenn ich lache, Ha, ha, ha, ...

ALLE
Ja, sehr komisch, ha, ha, ha,
Ist die Sache, ha, ha, ha,

ADELE
Sehr komisch, Herr Marquis,
sind Sie!
Mit dem Profil
im griech'schen Stil
beschenkte mich Natur;
wenn nicht dies Gesicht
schon genügend spricht,
dann seh'n Sie die Figur!
Schau'n durch das Lorgnette Sie dann, ach!
Sich diese Toilette nur an, ach!
Mir scheinet wohl, die Liebe
macht Ihre Augen trübe,
der schönen Zofe Bild
hat ganz Ihr Herz erfüllt!
Nun sehen Sie überall!
Sehr komisch ist fürwahr der Fall!
Ja, sehr komisch, ha, ha, ha,

ALLE
Ja, sehr komisch usw.

IVAN
Der Chevalier Chargrin!

(Frank tritt ein)

ORLOFSKY
(Zu Falke)
Chargrin?

FALKE
(Zu Orlofsky)
Der Gefängnisdirektor Frank.

ORLOFSKY
Aha!

FALKE
(Zu Frank)
Ich heiße Sie willkommen im Namen Ihrer Durchlaucht!

ORLOFSKY
Willkommen Chevalier!

FALKE
Chevalier Chargrin... Marquis Renard! Renard!

ORLOFSKY
Also Landsleute?

EISENSTEIN
O verflucht, der redet am End' französisch mit mir!

FRANK
J'ai l'honneur.... monsieur le Marquis!

EISENSTEIN
J'ai l'honneur....serviteur!
Will er noch mehr, gibt's ein Malhör!

FRANK
Enchanté, mon cher.

EISENSTEIN
Pomme de terre.

FRANK
Chemin de fer

EISENSTEIN
Folies Bergère.

FRANK
(Zu Falke)
Ich bitte dich, mach, das er mich mit dem Französischen in Ruhe läßt;
Ich bin fertig!

FALKE
Wir bitten aber deutsche, meine Herren!

IDA
Ah ja, uns ist die deutsche Konversation geläufiger!

EISENSTEIN
Ich spreche zwar mit meinem Landsmann nicht gern deutsch, aber da es die Damen wünschen, selbstverständlich.

FRANK
(Zu Falke)
Ich danke Ihnen für den Titel Chevalier! Als Gefängnisdirektor kann ich doch unmöglich in dieser Gesellschaft auftreten!

IDA
Warum soupieren wir denn aber nicht? Ich habe schon schrecklich Hunger!

ADELE
Und ich erst!

BARRYMORE
Wir in England haben niemals Hunger, nur Durst!

FALKE
Die Herrschaften müssen sich noch ein wenig gedulden. Wir erwarten noch eine Dame.

ALLE
Eine Dame?

FALKE
Ja. eine Dame aus den höchsten aristokratischen Kreisen, eine ungarische Gräfin, die gern unserem amüsanten Souper bei beiwohnen möchte, aber gewisse Rücksichten zu
nehmen hat.

EISENSTEIN
Die Armste ist wohl verheiratet?

FALKE
Ja wohl, und dazu an einen Mann, der so eifersüchtig ist, dass er seine Frau am liebsten in der Zigarettentasche mit tragen möchte. Ich schlage vor, dass die Herrschaften noch eine kleine Promenade im Garten machen.

ALLE
Ja ganz recht! Das wollen wir! Kommen Sie!

ADELE
(Zu Eisenstein)
Mein Herr Marquis, wie lange soll ich ihnen denn noch als Orientierungsplan dienen?

EISENSTEIN
Also, diese Ähnlichkeit ist unglaublich! Sie ist aber noch viel hübscher als Adele. Ich muss experimentieren.

ADELE
Was für eine liebe Uhr!

EISENSTEIN
Ja; es ist eigentlich eine Damenuhr. Vielleicht bin ich heute so glücklich, sie einer liebenswürdigen Künstlerin verehren zu dürfen!

ADELE
Nein!

FALKE
(allein)
Der Spitzbube! Wenn ihm nur einmal das Experiment misslänge. --Ah, da ist schon seine Frau, die hat sich beeilt!

(Rosalinde Tritt)
Gnädige Frau.....

ROSALINDE
Ist es also wirklich wahr, was Sie mir geschrieben haben, Doktor Falke?

FALKE
Ein Blick in den Garten wird Sie überzeugen. Sehen Sie dort Ihren Herrn Gemahl, wie er seinen Arrest abbüßt!

ROSALINDE
Am Arm einer Dame! Doch ... nein, ich irre mich nicht! Das ist ja Adele, mein Stubenmädchen!

FALKE
Allerdings, das ist Adele, Ihr Stubenmädchen!

ROSALINDE
In solche Gesellschaften geht er also!

FALKE
Pst. er kommt! Ich gehe zu ihm hinüber.

FRANK
Sapperlot!

EISENSTEIN
Das ist wohl....?

FALKE
Die ungarische Gräfin, von der ich sprach. Sie soll bezaubernd schön sein.

EISENSTEIN
Donnerwetter, das wär' was für mich! Meine Herren, in zehn Minuten ist sie mein! Mir widersteht keine!

FALKE
Viel Glück, Marquis, viel Glück!

ROSALINDE
O welch' allerliebstes Damenuhr!

EISENSTEIN
Nicht wahr? es ist reizend.

ROSALINDE
O bitte schön, wo bekommt man so reizendes Ührchen?

EISENSTEIN
Beim Damenührchenmacher.

ROSALINDE
In der nächsten Woche ich werde auch debütieren.

EISENSTEIN
Also nicht Gräfin, sondern Künstlerin. Auf mein Experiment mit ihr kann ich mich wirklich verlassen.

ROSALINDE
Verzeihung, Herr Marquis, sind Sie zerheiratet?

EISENSTEIN
Was, ich? Aber Gnädigste, wie können Sie sowas glauben?

ROSALINDE
Du Schuft!

EISENSTEIN
Erlauben Sie eine, Frage. Wär' es nicht Zeit jetzt, die Maske zu lüften?

ROSALINDE
Heute nicht, aber morgen.

EISENSTEIN
Morgen? Das wird leider nicht möglich sein.

ROSALINDE
Warum nicht morgen?

EISENSTEIN
Ja, weil morgen habe ich eine Sitzung mit Ausschluss der Öffentlichkeit.

ROSALINDE
Vielleicht werd' ich auch dabei sein.

EISENSTEIN
Sie ist wirklich zum Entzücken.

ROSALINDE
Wenn ich nur die Uhr erwischen könnte, das wäre ein corpus delicti!

EISENSTEIN
Dieser Anstand so manierlich,
diese Taille fein und zierlich,
und ein Füßchen,
das mit Küsschen
glühend man bedecken sollt.....
Wenn sie's nur erlauben wollt'!

ROSALINDE
Statt zu schmachten im Arreste,
amüsiert er sich auf's Beste,
denkt ans Küssen,
statt ans Büßen.....
Warte nur, du Bösewicht,
du entgehst der Strafe nicht!

EISENSTEIN
Ach, wie leicht könnt' es entschweben,
dies holde Zauberbild!
(Zu Rosalinde)
Willst du nicht die Maske heben,
die dein Antlitz mir verhüllt?

ROSALINDE
Ei, mein schöner Herr, ich bitte,
Nicht verwegen, nichts berührt,
denn es heischt die gute Sitte,
dass man Masken respektiert!
Wie er giert, ...

EISENSTEIN
Halb verwirrt, ...

ROSALINDE
... kokettiert, ....

EISENSTEIN
... halb gerührt, ...

ROSALINDE
... wie er schmachtend ...
... mich fixieret!
Keine Mahnung, keine Ahnung
kündet ihm, wer vor ihm steht!
Ja, bald werd' ich reüssieren,
will den Frevler überführen,
Will's probieren. ob er in die Falle geht!

EISENSTEIN
... retirieret sie vor mir.
Laß doch seh'n, ob sie geht,
ob sie widersteht?
Ja, bald werd' ich reüssieren.
Ich will doch seh'n
ob sie mir widersteht,
ob sie in die Falle geht!

ROSALINDE
Ach, wie wird mein Auge trübe,
wie das Herz so bang mir schlägt!

EISENSTEIN
Ha, schon meldet sich die Liebe,
die das Herz ihr bang bewegt!

ROSALINDE
Leider ist's ein altes Übel,
doch vorübergehend nur.
Stimmen meines Herzens Schläge
Mit dem Tik-Tak einer Uhr?

EISENSTEIN
Ei, das können wir ja seh'n!

ROSALINDE
Zählen wir, ich bitte schön!

ROSALINDE, EISENSTEIN
Ja, zählen wir usw.

EISENSTEIN
Eins, zwei, drei, vier, ...

ROSALINDE
... fünf, sechs, sieben, neun, ...

EISENSTEIN
Nein, das kann nicht sein,
denn nach der Sieb'n kommt erst die acht!

ROSALINDE
Sie haben mich ganz verwirrt gemacht,
Wir wollen wechseln!

EISENSTEIN
Wechseln? Wie?

ROSALINDE
Den Schlag des Herzens zählen Sie,
und ich das Tik-Tak Ihrer Uhr,....
Ich bitt' auf fünf Minuten nur!
(Eisenstein gibt Rosalinde die Taschenuhr)
Jetzt zählen Sie, mein Herr Marquis!

EISENSTEIN
Bin schon dabei!

ROSALINDE, EISENSTEIN
Eins, zwei, drei, vier,
fünf, sechs, sieben, acht, ...

ROSALINDE
... neun, zehn, elf, zwölf, ...

EISENSTEIN
... hopp, hopp, hopp, hopp, ...

ROSALINDE
... dreizehn, vierzehn, ...

EISENSTEIN
... das geht im Galopp!

ROSALINDE
... fünfzehn, sechzehn, siebzehn, ... achtzehn, neunzehn, zwanzig, dreissig, vierzig,
fünfzig, sechzig, achtzig, hundert!

EISENSTEIN
... sechs, sieb'n, acht, neun, zehn, elf, zwölf,
hopp, hopp, hopp, hopp,
im Galopp;
... sechshundert und neun!

ROSALINDE
So weit können wir noch nicht sein!

EISENSTEIN
O, ich bin weiter schon!

ROSALINDE
Nein. nein, nein!

EISENSTEIN
Eine halbe Mi1lion! ... Ja, eine halbe Million!

ROSALINDE
Wie kann man gar so grob nur fehlen!

EISENSTEIN
Da mag der Teufel richtig zählen!

ROSALINDE
Heut' wirst du nimmer repetieren!

EISENSTEIN
Sie will die Uhr sich annektieren!
Meine Uhr!

ROSALINDE
Ich danke vom Herzen!

EISENSTEIN
Ich wollte nur ...

ROSALINDE
Belieben zu scherzen! Ach! ... Ach!

EISENSTEIN
Sie ist nicht ins Netz gegangen,
hat die Uhr mir abgefangen.
Dieser Spaß ist etwas teuer,
Hab' blamiert mich ungeheuer!
Ach, meine Uhr, ... ich bitte sehr!

ROSALINDE
Ach!

EISENSTEIN
Ich wollte nur ...

ROSALINDE
Ach!... Ach!

EISENSTEIN
Sie ist nicht ins Netz gegangen,
Ach, mein Uhr,
hätt' ich sie doch wieder nur!
O weh, o weh!
Dieser Spaß ist etwas teuer, usw.
Meine Uhr ist annektiert!
Ach, ich bin blamiert!
..Weh mir!

ROSALINDE
Ach ja!

IDA
Ah, da ist ja das Mädchen aus der Fremde!

ADELE
(Zu Rosalinde)
Schöne Unbekannte, wenn Sie nicht gar zu hässlich ...

IDA
... oder die Prinzessin mit dem Totenkopf sind ...

ADELE
... möchten wir Sie bitten, sich zu demaschkerieren!

ALLE
Demaskieren! Demaskieren!

ORLOFSKY
Halt, meine Herrschaften, das ist wider die Abrede. In meiner Villa hat jede Dame das Recht, sich zu verhüllen oder zu enthüllen, so weit es ihr beliebt.
(Zu Rosalinde)
Ganz ungeniert, meine Holde!

EISENSTEIN
Oh. die Holde, die geniert sich gar nicht. Meine Uhr ist futsch!

ADELE
Übrigens könnte ich zehn gegen eins wetten, dass sie keine Ungarin ist.

ROSALINDE
Musik! Die nationalen Töne meines Vaterlandes mögen für mich sprechen!

Klänge der Heimat,
ihr weckt mir das Sehnen,
rufet die Tränen
ins Auge mir!
Wenn ich euch höre,
ihr heimischen Lieder,
zieht mich's wieder,
mein Ungarland, zu dir!
O Heimat, so wunderbar,
wie strahlt dort die Sonne so klar,
wie grün deine Wälder,
wie lachend die Felder,
O Land, wo so glücklich ich war!
Ja, dein geliebtes Bild
meine Seele so ganz erfüllt,
dein geliebtes Bild,
und bin ich auch von dir weit,
dir bleibt in Ewigkeit doch
mein Sinn immerdar
ganz allein geweiht!
O Heimat so wunderbar usw.
Feuer, Lebenslust,
schwellt echte Ungarbrust. ...
Hei! Zum Tanze schnell!
Czardas tönt so hell!
Braunes Mägdelein
Musst meine Tänz'rin sein,
Reich' den Arm geschwind,
dunkeläugig' Kind!
Durst'ge Zecher,
greift zum Becher!
Lasst ihn kreisen
schnell von Hand zu Hand!
Schlürft das Feuer
im Tokayer,
bringt ein Hoch
aus dem Vaterland! Ha!
Feuer, Lebenslust usw.
La, la, la

ORLOFSKY
Fabelhaft!

CARIKONI
(Zu Falke)
Was ist denn los mit dem versprochenen Spaß, Doktor?

BARRYMORE
Ja, ja, die Geschichte von der Fledermaus!
 
EISENSTEIN
Was? Von der Fledermaus ist hier die Rede? Das war ja meine Komödie, in der ich dem armen Doktor die Titelrolle zuteilte. Einköstlicher Spaß, dem er zum Opfer fiel. Seine
Niederlage kann er doch nicht selbst beschreiben!

IDA
So erzählen Sie, Marquis!

EISENSTEIN
Also vor drei Jahren gab man auf einem Schlosse einen Maskenball, zu dem auch wir eingeladen waren. Ich maskierte mich damals als Papillon und der Doktor, als Fledermaus!

BARRYMORE
Falke als Fledermaus! Dio, mio, no!

EISENSTEIN
Also, wir fuhren in einem Fiaker miteinander auf den Ball, unterhielten uns köstlich; ich wollte mir jedoch einen extra Spaß machen, und trank unserem Doktor fleißig zu
so dass er gegen Morgen sternhagelvoll betrunken war. Also dann legte ich ihn in einen Wagen, fuhr mit ihm in einkleines Gehölz, legte ihn unter einen Baum und fuhr ohne ihn davon. Er merkte davon nichts, sondern schlief wie ein Murmeltier.

CARIKONI
Ha, ha, il poverino!

EISENSTEIN
Als er endlich erwachte, musste er bei helllichtem Tag als Fledermaus zum Gaudium aller Straßenjungen in die Stadt marschieren, bis er endlich unter starker Begleitung seine
Wohnung erreichte.

CARIKONI
Ha, ha, ha!

EISENSTEIN
Seitdem wurde er nur noch Dr. Fledermaus genannt

IDA
Und er hat sich nicht revanchiert für den groben Spaß?

EISENSTEIN
Oh, nein, ich bin auf meiner Hut!

FALKE
Aufgeschoben ist aber nicht aufgehoben! Vielleicht erleben wir schon morgen, wer von uns den ersten Preis als Spaßmacher verdient.

ORLOFSKY
Vorwärts zu Tische, meine Damen und Herren.

ALLE
Zu Tisch, zu Tisch!

ORLOFSKY
Und jetzt trinken wir! Champagner, König aller Weine! Champagner!

ALLE
Champagner!

ORLOFSKY
Im Feuerstrom der Reben,
tra, la, la,
sprüht ein himmlisch Leben,
tra, la, la,
Die Könige, die Kaiser,
sie lieben Lorbeerreiser,
Auch lieben sie daneben
den süßen Saft der Reben!
Stoßt an! Stoßt an!
Und huldigt in Vereine
dem König aller Weine!

ALLE
Stoßt an! Stoßt an! Stoßt an!

ORLOFSKY
Die Majestät wird anerkannt,
anerkannt, rings im Land!
Jubelnd wird Champagner
der erste Sekt genannt!

ALLE
Die Majestät wird anerkannt usw.
Es lebe Champagner der Erste!

ADELE
Dir huld'gen die Nationen,
tra, la, la,
bis zu den fernsten Zonen,
tra, la, la,
Champagner schwemmt mitunter
gar mancherlei hinunter.
D'rum lassen weise Fürsten
die Völker niemals dürsten!
Stoßt an! usw.

ALLE
Stoßt an! usw.

ADELE
Die Majestät wird anerkannt usw.

ALLE
Die Majestät wird anerkannt usw.

EISENSTEIN
Der Mönch in stiller Zelle,
tra, la, la,
labt sich an der Quelle,
tra, la, la,
Zu netzen seine Lippen,
muss viel und oft er nippen
und holt sich aus dem Glase
Rubinen auf die Nase!
Stoßt an! usw.

ALLE
Stoßt an! usw.

EISENSTEIN
Die Majestät wird anerkannt usw.

ALLE
Die Majestät ist anerkannt usw.

EISENSTEIN
(Zu Frank)
Herr Chevalier, ich grüße Sie!

FRANK
Merci, merci, merci.
Auf Ihr Spezielles, Herr Marquis!

EISENSTEIN
Merci, merci, merci!

FALKE
Auf Ihr Wohl, Chevalier und Marquis!

EISENSTEIN, FRANK
Merci, usw.

ALLE
Merci, usw.

FALKE
Halt, hört mich an,
was ich ersann!

ALLE
Hört ihn an!

FALKE
Ich seh', dass sich die Paare gefunden,
dass manche Herzen in Liebe verbunden,
D'rum lasset uns alle ein großer Verein
von Schwestern und von Brüdern sein!

ALLE
Eine große Bruderschaft es sei!

EISENSTEIN
(Zu Rosalinde)
Auch Ihr, schöne Maske, seid dabei?

ROSALINDE
Wo alle küssen
werd' ich's auch müssen.!

FALKE
Folgt meinem Beispiel; das Glas zur Hand!
Und jeder singt zum Nachbar gewandt:
Brüderlein, Brüderlein und Schwesterlein
Wollen alle wir sein,
Stimmt mit mir ein!
Brüderlein, Brüderlein Und Schwesterlein,
lasst das traute "Du" uns schenken,
für die Ewigkeit,
immer so, wie heut'
wenn wir morgen noch dran denken!
Erst ein Küss, dann ein Du,
Du, Du, Du, immer zu!

ALLE
Brüderlein, Brüderlein und
Schwesterlein, usw.
Dui-du. dui-du, la, la, la, usw.

ALLE
Stellt euch zum Tanz!
Ja, ja, ein wirbelnder Tanz
Erhöht des Festes Glanz!
Ha, welch ein Fest, welche Nacht voll Freud'!
Liebe und Wein gibt uns Seligkeit! felicidad!
Ging's durch das Leben so flott, wie heut',
wär' jede Stunde der Lust geweiht!

EISENSTEIN
Du bist meine Stütze, Freund!

FRANK
Ja, deine Stütze, für's Leben!

ROSALINDE, ORLOFSKY, FALKE
Welch ein rührend Wiedersehen wird das im Arreste geben!

ALLE
Ha welch ein Fest usw.

FRANK
Brüderl, Brüderl, meine Uhr geht schlecht. Schau wie viel's auf deiner ist.

EISENSTEIN
Brüderl, meine geht auch nicht recht, weil sie schon gegangen ist.
(Zu Rosalinde)
Holde, hier vor allen,
lass die Maske endlich fallen,
dass ich seh', wen ich besiegt
und wer meine Uhr gekriegt!

ROSALINDE
Verlang nicht zu schau'n, was hier verhüllt.
Erbeben würdest du vor diesem Bild!

EISENSTEIN
Hu, hu, hu, hu!
Was heißt denn das? ... Was heißt denn das?

ADELE, IDA
Ha, ha, ha, ha, ein guter Spaß, ...

ALLE
... für wahr, ein prächtiger Spaß!

ADELE
Bist du ein Mann, ...

ALLE
Schau sie an!

ADELE
... schau sie dir an!

ALLE
Schau sie an1

IDA
Zurück jetzt zu weichen, ...

ALLE
Schau sie an!

IDA
... wäre Blamage!

ALLE
Schau sie an!

EISENSTEIN
(Zu Rosalinde)
O ich habe schon Courage!
Schätzchen, länger sträub' dich nicht!

ROSALINDE
Hab' ein Wimmerl auf der Nase,
d'rum verberg' ich mein Gesicht.

EISENSTEIN
An das Wimmerl glaub' ich nicht!

ADELE, FALKE, FRANK
Nein, das Wimmerl schreckt ihn nicht!

EISENSTEIN
Sehen muss ich dies Gesicht!

ADELE, IDA, ORLOFSKY, FALKE
Er muss sehen dies Gesicht!

EISENSTEIN, FRANK
Eins, zwei, drei, vier fünf, sechs!

EISENSTEIN
Meinen Hut, meinen Hut, 's ist die höchste Zeit!

FRANK
Meinen Hut, meinen Hut usw.

ALLE
Seinen Hut, seinen Hut,
Hört doch, wie er schreit!

EISENSTEIN
Der Arrest harret mein!

FRANK
Längst sollt' ich zu Hause sein!

EISENSTEIN, FRANK
Meinen Hut, meinen Rock,
gebt mir meinen Rock!

ALLE
Seinen Rock, seinen Hut,
seinen Rock, ha, ha, ha,
seinen Hut, gebt ihm seinen Rock!
ha, ha, ha!

FRANK
Eine kurze Strecke
gehst du mit mir.

EISENSTEIN
An der nächsten Ecke,
da scheiden wir!

EISENSTEIN, FRANK
So laß uns geh'n!

ALLE
Auf Wiedersehen, ha, ha, Ha,
welch ein Fest usw.
Dann bleibet je ...
... Stund der Lust geweiht!

ROSALINDE, ADELE, ORLOFSKY
Ah, ah, ah, usw.








DRITTER  AKT


(Das Büro von Frank, ist im Gefängnis)



FROSCH
(allein)
Herr Direktor! Wo is er denn. mein lieber, süsser, kleiner Herr Direktor? Das is ein fideles Gefängnis: ich ganz allein hier in einem Gefängnis, und mein Direktor is gar net da. Da werd ma einen kleinen Schligowitz ein schalten, net? Also, komm her, mein kleines, süßes Flascherl.
Na servas!

ALFRED
(...indem er in seiner Zelle singt)
"Täubchen, das entflattert ist usw."

FROSCH
Ruhe! Ruhe! Shut up! Der Gefangene auf Numero 12, der singt schon wieder ein blödsinniges ...

ALFRED
"La donna è mobile, usw."

FROSCH
Wos sagt er? Die Donau a Moperle? Das is ja a Blödsinn. Mir scheint, der Italiener will bei uns G'sangsstunden nehmen. Na, da is er falsch am Platz. An'hamma jetzt eing'sperrt aber die Andern, die werden noch folgen, mai Liaber. Alle italienisclhen Sänger wer'ma hier einsperren, und wir werden hinunter fahren nach Italien, damit die amal sehen, wia ma richtig singt... so was Schönes, ich meine etwas wirklich Feines......vom Strauss soll er was singen, zum Beispiel
"Ach, wie so herrlich zu schau'n
sind all' die lieblichen Frau'n
usw., un so weiter, und so weiter. Mei, das klingt wenigstens! Aber das blonde Umeinandersingen versteht ja ka Mensch. Wenigstens i versteh' es net.

ALFRED
"Mercè, mercè, cigno gentil, usw."

FROSCH
Wos sagt er? Der gangt schon wieder an mit diner... I bin gebüldet, i weiss,
was er singt. Von einem Schwan singt er eine... eine Operette, scho wieder so ane italienische Operette. Das interessiert uns nicht.
Ruhe!
Also, was is? ... Is schon ruhig!
Man muss nur laut genug mit diesen Italienern reden, dann sind sie gleich ruhig! komm, mein liebes Flascherl, trink ich noch ein kleines Schluckerl bevor mein süßer, kleiner Direktor kommt.

(Frank tritt betrunken hinein)

FROSCH
Jössas, der Herr Direktor, diesmal mit seinem Bruder. Das ist ganz neu. Küss die Hand, Herr Direktor.

FRANK
Frosch, seit wann hast du einen Bruder?

FROSCH
Jössas, ma scheint, der is genau so b'soffen wie i. So tat ma uns ausziehen, Herr Direktor. Aber Herr Direktor, die Knopferl geh'n ja nach vorn......

FRANK
Aber laß mich in Ruh'.
Frosch, bring mir an Kaffee

FROSCH
Alleweil an Kaffee, Herr Direktor. Mit dieser blöden Maschine, die wird uns nochamal in die Luft fliegen.

FRANK
An Kaffee will i haben.

FROSCH
Trink ma net lieber an kleinen Schligowitz?

FRANK
Ja, Olga, ja aber, komm her... ja, Ida auch, ihr g'fallts ma.

FROSCH
Wos is denn des für eine Olga und für eine Ida? Aber Herr Direktor, des is doch Ihr lieber, kleiner, süßer, Frosch.

FRANK
Pfui! "Die Majestät wird anerkannt, usw."

FROSCH
Herr Direktor, kann i die Streichholzeln haben? Vielleicht brennt die Maschin' glei  ...
(Er schaltet die Kaffeemaschine ein, die plötzlich ausbricht)
Na servas, Herr Direktor! Jössas, vie kommt denn der braune Mensch hier zu uns?... Das san ja sie, Herr Direktor.

FRANK
O, ich sitz' im Kaffee.

FROSCH
Herr Direktor, hat sich der Kaffee etwas übersprudelt, was? Seh'ns es wär' g'scheiter g'wesen, wenn ma einen Schligowitz getrunken hätten. Den hätte ma eingeflösst, was? Und
dann wär' man net so braun g'wesen wie jetzt mit der blöden Maschine. Hab's Ihna eh glei g'sagt, Herr Direktor. Na... es is passiert.

FRANK
J'ai 1'honneur, serviteur... Also, Falke, ich dank dir. Is auch nix...

FROSCH
An Schlaf hat er halt, mein süßer Herr Direktor. Ein süßes Goscherl macht er wann er so liab schnarcht ... da hab' y ean b'sonders gern, überhaupt wann er schlaft, hab' i ean
gern, den Direktor.

FRANK
Was gibt's? Man läutet an der Tür

FROSCH
Ja. mir war's auch so.

FRANK
Also schau doch, wer da ist.

FROSCH
Bin eh schon auf dem Weg. Schau' ma halt nach. Herr Direktor, Herr Direktor! Da san zwei fesche Katzen draußen, zwei junge, schöne Damen in aller Früh. Also, i muass sagen, für uns zwa ... das passt grad in ein fideles G'fängnis.

(geht ab)

FRANK
Wenn ich nur schnell etwas nieder schlagendes ... Ah, das tut gut.

FROSCH
(Adele und Ida, treten)
Herr Direktor. Die beiden Damen wollen einen Chevalier Chargrin sprechen.

FRANK
Chevalier Chargrin?

FROSCH
Ich habe Ihnen gesagt, dass wir keinen Herrn dieses Namens nicht haben.

ADELE
Aber da is er doch!

IDA
Der Dr. Falke hat uns die Wohnung ganz richtig beschrieben.

ADELE
Natürlich!

FRANK
Die Olga und die Ida, das fehlt grad noch!

FROSCH
Was? Die Olga und die Ida?
Die waren ja noch nie da,
und jetzt san
sie so früh da, ah,
da legst di nieder....

FRANK
Geh, laß uns allein....

FROSCH
Der is scho wieder grautig, ekelhafter Kerl......

(geht ab)

ADELE
Herr Chevalier, Sie wundern sich gewiss über unseren Besuch?

FRANK
Allerdings ... ich hatte nicht gehofft,
schon so früh ...

ADELE
Ja, also, ich halte es für meine Pflicht. Ich muss Ihnen ein Geständnis machen.

FRANK
Oho! Na servus!

IDA
Wie gesagt, meine Schwester ist noch nicht Künstlerin.

ADELE
Na, noch net amal Elevin. Bis jetzt war ich nur Stubenmädchen beim Herrn von Eisenstein.

FRANK
Ein Stubenmädchen! Und Sie haben sich von mir die Hand küssen lassen?

ADELE
Den Mund doch auch!

FRANK
Pscht!

ADELE
Also, i hab die Idee, i möcht unter's Theater!

FRANK
Ja, haben Sie auch Talent?

ADELE
Ob i Talent habe? Na, da wer'ns schaun!

Spiel' ich die Unschuld vom Lande,
natürlich im kurzen Gewande,
so hüpf' ich ganz neckisch umher,
als ob ich ein Eichkatzerl wär'!
Und kommt ein saubrer, junger Mann,
so blinzle ich lächelnd ihn an,
durch die Finger zwar nur,
als ein Kind der Natur,
und zupf' an meinem Schürzenband.
So fängt man Spatzen auf dem Land!
Und folgt' er mir wohin ich geh',
sag' ich naiv. "Sö, Schlimmer, Sö!"
Setz' mich zu ihm ins Gras sodann
und fang' auf d'Letzt zu singen an.
La, la, la, ...
Wenn Sie das geseh'n,
müssen Sie gesteh'n.
Es wär' der Schaden nicht gering,
wenn mit dem Talent,
ich nicht zum Theater ging!
Spiel' ich eine Königin,
schreit' ich majestätisch hin,
nicke hier und nicke da,
so ganz, ach, in meiner Gloria!
Alles macht voll Ehrfurcht mir Spalier,
lauscht den Tönen meines Sangs,
lächelnd ich das Reich und Volk, regier'
Königin par excellence"!
La, la, la, ...
 (allein)
Wenn Sie das geseh'n usw.,
Spiel' ich 'ne Dame von Paris, ach,
die Gattin eines Herrn Marquis, ach,
da kommt ein junger Graf ins Haus, ach,
Der geht auf meine Tugend aus, ach!
Zwei Akt' hindurch geb' ich nicht nach,
Doch, ach, in dritten werd' ich schwach!
Da öffnet plötzlich sich die Tür,
o weh, mein Mann, was wird aus mir? Ach!
"Verzeihung", flöt' ich, er verzeiht, ach!
Zum Schlusstableau. da weinen d'Leut'! Ach, ja!

FRANK
Zum Stubenmädel sind Sie allerdings etwas zu emanzipiert!

ADELE
Genau, `was ich sag!

FRANK
Ich muss doch sehen, wer da ist? Donnerwetter! Der Marquis Renard! Was mach ich jetzt?

FROSCH
(Tritt)
Soll ich öffnen, Herr Direktor?

FRANK
Ja ... nein ... wart noch an Moment!
Ich bin ganz durcheinander. Führ die Damen in ein anderes Zimmer.

FROSCH
Ich habe nur noch Numero 13 frei!

FRANK
So führe sie auf Numero 13.

(Glocke)

FROSCH
(Zu Frank)
Werden die eing'sperrt?

FRANK
Nein ... das heißt ja! Meinetwegen!
Sperr sie ein, mach was du willst, aber geh endlich!

FROSCH
Na also! Wollen Sie die Güte haben, meine Damen, mir zu folgen? Wenn's gefällig ist.
(Adele und Ida, gehen ab)
Des san da fesche Katzen!

FRANK
Der Marquis wird schon ungeduldig. Was soll ich machen? Ich muss ihn herein lassen auf die Gefahr hin, dass die Sache mit einer ungeheuren Blamage für mich endet.

EISENSTEIN
(Tritt)
Nein! Ist's möglich, teurer Chevalier, dich find ich hier? Was hast denn du getrieben, dass du hier eingesperrt wurdest?

FRANK
Ich bin ja gar nicht eingesperrt!

EISENSTEIN
Zum Teufel. was machst du dann aber hier?

FRANK
Hör zu, ich muss dir endlich die Wahrheit sagen: ich bin nicht der Chevalier Chargrin, sondern heiße Frank und bin Direktor dieses Gefängnisses!

EISENSTEIN
Haha, das ist aber ein guter Spaß! Ein herrlicher Spaß. haha!

FRANK
Kein Spaß. sondern bitterer Ernst, Marquis!

EISENSTEIN
Desto komischer, mein Lieber, denn ich bin auch kein Marquis.

FRANK
Aber geh!

EISENSTEIN
Ich bin ebenso wenig Marquis Renard wie du Chevalier Chargrin bist!

FRANK
Was sagst du?

EISENSTEIN
Ich heiße Eisenstein und komme, meine achttägige Arreststrafe anzutreten. Sei also so gut, Bruder Gefängnisdirektor, mir mein Chambre séparée anzuweisen.

FRANK
Ha ha, der Witz ist nicht schlecht ausgedacht, aber ich habe Eisenstein gestern abend schon persönlich arretiert!

EISENSTEIN
Aber nein! Du hast ihn arretiert? Wo denn und wann?

FRANK
Am Abend um zehn in seiner Wohnung.

EISENSTEIN
War er denn zu Hause?

FRANK
Natürlich, er saß ganz gemütlich im Schlafrock mit seiner Frau beim Souper.

EISENSTEIN
Im Schlafrock? Mit mei ... mit seiner Frau?

FRANK
Sie nahmen so zärtlich Abschied, dass ich ganz gerührt wurde.

EISENSTEIN
Zärtlichen Abschied? Im Schlafrock!n nein, nein, das ist unmöglich! Und !
... wo ist er denn, dieser Herr von Eisenstein jetzt?

FRANK
Er sitzt auf Numero 12!

FROSCH
(Tritt)
Herr Direktor! Herr Direktor! Eine Dame erwartet Sie. Sie hat die Marquise heruntergelassen, sie ist total verschleiert, aber aus ihrem Gehaben schließe ich, die muss sehr fesch sein. I hab sie ins Sprechzimmer geführt. War das recht?

FRANK
Eine verschleierte Dame?

FROSCH
Aber total, Herr Direktor! Man sieht überhaupt nix von ihr!

FRANK
(Zu Eisenstein)
Du entschuldigst einen Augenblick

(geht ab)

FROSCH
Also, wann ich die auch wieder einsperren soll, i was wirklich nimmer wohin.
Also da läut's scho wieder! Keinen Augenblick hat man Ruhe, aber fidel ist's bei uns, des muss, i wirklich sagen, des is ein fideles Gefängnis!

(geht ab)

EISENSTEIN
Ein anderer wurde also in meiner Wohnung arretiert und hier eingesperrt! Dieses zweite Ich hat also mit meiner Frau soupiert, während ich ... Diese Entdeckung hat mich auf
einmal ganz nüchtern gemacht! Ich brauche keinen Tee mehr aber einen Erlaubnisschein brauche ich, wenn ich mich besuchen und mit mir selbst reden will! Es ist zum Tollwerden!

FROSCH
(Tritt)
So... ha... warten's nur hier, Herr Doktor. I hol gleich den Herrn von Eisenstein.

(geht ab)

BLIND
Was sagt der Mensch? Er holt Sie? Sie sind ja schon da!

EISENSTEIN
Ich bin nicht nur da, ich bin auch dort! Das geht Sie überhaupt gar nichts an! Was wollen Sie hier, sie Aktenwurm?

BLIND
Was ich hier will? Sie haben mich doch rufen lassen.

EISENSTEIN
Ich hätte Sie rufen lassen?

BLIND
Aber der Amtsdiener sagte doch ausdrücklich, dass mich Herr von Eisenstein zu sich bescheiden lassen!

EISENSTEIN
Aber wenn der Herr von Eisenstein ein Dummkopf ist ...

BLIND
Wohl möglich, aber ...

EISENSTEIN
Das heißt doch nicht ich, sondern der andere ist der Dummkopf. Halt, eine Idee! Sie müssen mir Ihre Stelle abtreten!

BLIND
Ich?

EISENSTEIN
Ihren Rock brauche ich, Ihre Perücke, Brille und Akten! Vorwärts, Sie lächerlicher Aufklauber von Milderungsgründen sonst erdrossle ich Sie!

(Blind und Eisenstein gehen ab)

FROSCH
(Frosch und Alfred, treten)
Herr Notar, hier ist der Herr von Numero 12, der Sie zu sprechen wünscht!

ALFRED
Niemand hier?

FROSCH
Was? is niemand da? Dann wird er halt im Vorzimmer sein Das is doch merkwürdig: i hätte darauf schwören können, ich hab' ihn schon amal hereing'führt. Er kann doch net so blind sein dass man ihn gar net siecht! Verdammter Schligowitz

(geht ab)

ALFRED
Sono perduto e abbandonato!

ROSALINDE
(Tritt)
Alfred, Sie müssen so bald wie möglich fort von hier! Mein Gatte kann jeden Augenblick hier erscheinen; er darf Sie hier nicht finden, am wenigsten in diesem Aufzug!

ALFRED
Vielleicht rettet uns der Notar.

ROSALINDE
Hier ist er schon!

(Eisenstein Tritt)

EISENSTEIN
Diese Treulose! Jetzt Fassung und Ruhe; ich muss erfahren, wie sie miteinander stehen!

ROSALINDE
Ich stehe voll Zagen, ...

ALFRED
Um Rat ihn zu fragen ...

EISENSTEIN
Pack' ich ihn beim Kragen, ...

ROSALINDE
... was wird er mich fragen?

ALFRED
... muss alles ihm sagen.

EISENSTEIN
... so würd' er nichts sagen!

ROSALINDE
Darf ich es wohl wagen, ...

ALFRED
Warum denn verzagen?

EISENSTEIN
Möcht' nieder ihn sch1agen.

ROSALINDE
... ihm alles zu sagen?

ALFRED
Wir werden ihm klagen ...

EISENSTEIN
Doch darf ich's nicht wagen; ...

ROSALINDE
... Die Situation erheischt Diskretion! usw.

ALFRED
... die Situation, er hilft uns dann schon!

EISENSTEIN
... darf nicht einmal droh'n diesem
frechen Patron! ...
(Zu Rosalinde)
... Jetzt bitte ich, die ganze Sache
Mir haarklein zu erzählen,
Nicht das Geringste zu verhehlen,
Indes ich mir Notizen mache!

ROSALINDE
Der Fall ist eigentümlich,
wie Sie gleich werden sehen.

ALFRED
So gar verwickelt ziemlich,
das muss man ein  gesteh'n!

EISENSTEIN
Nun denn, so geben Sie zu Protokoll,
worin ich Sie verteid'gen soll!

ALFRED
Ein seltsam Abenteuer
ist gestern mir passiert;
man hat mich aus Versehen
hier in Arrest geführt,
weil ich mit dieser Dame
Ein wenig spät soupiert.

EISENSTEIN
Ein Glück, dass es so kam;
Sie handelten infam!

ALFRED
Was kommt denn Ihnen in den Sinn?
Sie soll'n mich ja verteid'gen!

EISENSTEIN
Verzeih'n Sie, wenn ich heftig bin,
der Gegenstand reißt so mich hin;
ich wollt' Sie nicht beleid'gen,
Nein, ich wir Sie ja verteid'gen.

ROSALINDE, ALFRED
Mein Herr Notar,
das war fürwahr
sehr sonderbar, ...

EISENSTEIN
Was ich erfahr', verwirrt. ...
... fürwahr mich ganz und gar!

ROSALINDE, ALFRED
... sehr sonderbar!

... Nur ruhig Blut,
denn solche Wut
macht sich fürwahr nicht gut,
Macht sich nicht gut, gar nicht gut!

EISENSTEIN
D'rum ruhig Blut,
Ich muss die Wut
verbergen jetzt noch gut!
Ja, meine Wut berg sich gut!

ROSALINDE
Das Ganze war ein Zufall,
nichts übles ist passiert,
doch würd' bekannt es werden,
wär' ich kompromittiert,
Da sicher mich mein Gatte
für schuldig halten wird!

EISENSTEIN
Da hätt' er auch ganz recht,
Sie handelten sehr schlecht!

ROSALINDE
Was kommt denn Ihnen in den Sinn?
Sie soll'n mich ja verteid'gen!

EISENSTEIN
Verzeih'n Sie, wenn ich heftig bin, usw.

ROSALINDE
Mein Herr Notar usw.

EISENSTEIN
Was ich erfahr', verwirrt ...
... für wahr mich ganz und gar! usw.

ROSALINDE, ALFRED
Sehr sonderbar! usw.

EISENSTEIN
Ich bitt', mir alles zu gesteh'n
und nichts zu überseh'n.
Ist kein Detail mehr überseh'n?
Ist weiter nichts gescheh'n?

ALFRED
Was sollen diese Fragen hier?

ROSALINDE
Mein Herr!

EISENSTEIN
Ich bitte zu gesteh'n
Ist weiter nichts gescheh'n?

ROSALINDE
Mein Herr, was denken Sie von mir?
Was sollen diese Fragen hier?

EISENSTEIN
Ich frag' Sie auf's Gewissen,
Ist weiter nichts gescheh'n?
Alles muss ich wissen.

ROSALINDE
Mein Herr!

ALFRED
Mein Herr!

ROSALINDE
Mein Herr......
Es scheint fast, als empfinden Sie
für meinen Gatten Sympathie,
d'rum muss ich Ihnen sagen:
ein Ungeheuer ist mein Mann.
Und niemals ich vergeben kann
sein treulos schändliches Betragen;
Er hat die ganze vor'ge Nacht
mit jungen Damen zugebracht,
lebt' herrlich und in Freuden!
Doch schenk' ich's nicht
dem Bösewitch,
und kommt er wieder mir nach Haus,
kratz' ich ihm erst die Augen aus,
und dann, und dann
lass ich mich scheiden!
Kratz' ich ihm die Augen aus usw. ...
... Ich kratz' ihm erst die Augen aus usw.

ALFRED, EISENSTEIN
Sie kratzt ihm erst die Augen aus,
und dann lässt sie sich scheiden! usw.

ALFRED
Da Sie alles wissen nun,
sagen Sie, was soll man tun?
Geben Sie uns Mittel an.
wie man diesem Ehemann
eine Nase drehen kann?

EISENSTEIN
Das ist zuviel!

ALFRED
Was soll das sein?

EISENSTEIN
Welch schändlich Spiel!

ROSALINDE
Was soll das sein?

ROSALINDE, ALFRED
Mein Herr, wozu dies Schrei'n?

EISENSTEIN
Erzittert, Ihr Verräter,
die Strafe bricht herein.
Hier stehe ich als Rächer;
Ich selbst bin Eisenstein!

ROSALINDE, ALFRED
Er selbst ist Eisenstein?
Er selbst ist Eisenstein!

EISENSTEIN
Ja, ja, ich bin's, den Ihr betrogen!
Ja, ich bin's, den Ihr belogen!
Aber rächen will ich mich jetzt fürchterlich! ...
Ja, ich bin's usw.

ROSALINDE
Hat er selbst mich doch betrogen,
treulos hat er mich belogen,
und nun tobt er: rächen will er sich!

ALFRED
Erst hat sie der Mann betrogen,
dann hat ihn die Frau belogen,
Folglich hebt ja die Geschichte sich!

ROSALINDE
Kein Verzeih'n, ...

ALFRED, EISENSTEIN
Der Eisenstein, ...

ROSALINDE
... Kein Bereu'n!

ALFRED, EISENSTEIN
... der Eisenstein ...

ROSALINDE
Ich allein ...
... will Rache schrei'n!

ALFRED, EISENSTEIN
... will Rache schrei'n!

ALLE
Rache!

ROSALINDE
Kein Verzeih'n, ...
... Herr Eisenstein, ...

ALFRED, EISENSTEIN
... der Eisenstein, ...

ROSALINDE
... kein Bereu'n, ...
... Herr Eisenstein, Rache schreie ich!

ALFRED, EISENSTEIN
...der Eisenstein will Rache fürchterlich!

ALLE
Rache will ich, Rache will ich!

ROSALINDE
Also du willst mir Vorwürfe machen, du willst von Treulosigkeit sprechen. Nachdem ich doch ganz genau weiß wie viel es bei dir geschlagen hat!

EISENSTEIN
Meine Uhr! Was, sie war meine Ungarin? O ich Esel!

ALFRED
Sie sind Eisenstein?

EISENSTEIN
Jawohl ich bin Eisenstein, der Besitzer dieses Weibes und dieses Schlafrocks!

ALFRED
Beides mit Dank zurück.

EISENSTEIN
Sie werden mir Satisfaktion geben und zwar sofort!

FALKE
(Tritt)
Ah, wie ich sehe, hat's hier schon eine Erkennungsszene gegeben!

FROSCH
(Adele, Ida und Frosch treten)
Herr Direktor, die beiden Damen von Numero 13 san ausgebrochen!

(Orlofsky und Eingeladenen treten hinein)

FRANK
Um Gotteswillen, da kommt die ganze Gesellschaft. Ja, was wollt Ihr denn hier?

ALLE
O Fledermaus, o Fledermaus,
lass endlich jetzt dein Opfer aus!
Der arme Mann
ist gar zu übel dran!

EISENSTEIN
Woll'n Sie mir erklären nicht,
was soll bedeuten die Geschicht'?
Noch werd' ich nicht klug daraus?

FALKE
So rächt sich die Fledermaus!

ALLE
So rächt sich die Fledermaus!
Doch ... o Fledermaus, o Fledermaus usw.

EISENSTEIN
So erkläre mir doch, ich bitt'!

FALKE
Alles. was dir Sorge macht,
war ein Scherz von mir erdacht.

ALLE
Und wir alle spielten mit!

EISENSTEIN
Wie der Prinz?

ORLOFSKY
Ich spielte mit!

EISENSTEIN
Und Adele?

ADELE
Ich spielte mit!

EISENSTEIN
(Zu Alfred)
Ihr Souper?

ALFRED
War nichts als Mythe!

EISENSTEIN
(Zu Rosalinde)
Doch mein Schlafrock?

ROSALINDE
Requisite!

EISENSTEIN
Wonne, Seligkeit, Entzücken!
O wie macht dies Wort mich froh!
Gattin, lass ans Herz dich drücken!
(Zu Orlofsky)
War auch nicht grad' alles so,
wir wollen ihm den Glauben,
der ihn begluckt, nicht rauben.

ADELE
Nun, und was geschieht mit mir?

FRANK
Bleiben in Arrest Sie hier,
will ich Sie als Freund und Vater
bilden lassen fürs Theater.

ORLOFSKY
Nein. ich lass' als Kunstmäzen
solch' Talent mir nicht entgehen;
's ist bei mir so Sitte:
Chacun à son goût! ...
... 's ist mal bei mir so Sitte!

ALLE
's ist mal bei ihm so Sitte!
Chacun à son goût!

EISENSTEIN
Rosalinde, vergib deinem treuen Gabriel. Du siehst, nur da Champagner war an allem Schuld.

ROSALINDE
Champagner hat's verschuldet,
La, la, la, ...
Was wir heut' erduldet,
La, la, la, ...
Doch gab er mir auch Wahrheit
Und zeigt in voller Klarheit
mir meines Gatten Treue
und führte ihn zur Reue!
Stimmt ein, stimmt ein,
und huldigt im Vereine
dem König aller Weine!

ALLE
Stimmt ein! Stimmt ein! Stimmt ein!

ROSALINDE
Die Majestät ist anerkannt, usw.

ALLE
Die Majestät wird anerkannt usw.